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1902 als auch 1904 Kandidaten der Gewerkschaften bei den Prinzipalen
durch. Die letztere Wahl ward indes am 13. Dezember 1904 vom Bezirks
ausschuß für ungültig erklärt.
8. Die Wahlen zu den Kaufmannsgerichten.
Nachdem am 6. Juli 1904 das Gesetz über die Errichtung von Kauf
mannsgerichten verkündet worden war, gemäß dem vom 1. Januar 1905
ab in Städten mit . über 20 000 Einwohnern besondere Kaufmanns
gerichte zu errichten waren, machten die Sozialdemokraten Berlins und
anderer Orte ihren Einfluß dafür geltend, daß die Ortsstatuten dieser
Gerichte einen möglichst demokratischen Charakter und die engste Verbindung
mit den Gewerbegerichten erhielten, die das Gesetz zuläßt. Das letztere
war in Berlin nicht zu erreichen, dagegen ging der Antrag der Sozial
demokraten durch, die Wahlen an einem Sonntag stattfinden zu lassen, und
ebenso ihre Forderung, den weiblichen Angestellten, da ihnen das Gesetz
die Wählbarkeit vorenthielt, wenigstens die Fähigkeit zuzusprechen, als
Äertrauenspersonen zum Einigungsamt und als Auskunftspersonen heran
gezogen zu werden. Ähnliche Zugeständnisse wurden auch in einigen der
Vororte erzielt, die ein Kaufmannsgericht einzurichten hatten.
Bei den Kaufmannswahlen hat der Zentralverband deutscher Handlungs
gehilfen, die einzige allgemeine Verbindung von Gehilfen, die auf dem
Boden der modernen Arbeiterbewegung steht und mit den freien Gewerk
schaften Land in Land geht, eine Anzahl von Verbindungen gegen fich,
die zum Teil älter und zum Teil auch stärker sind, als sie. Es gab daher
von vornherein heftigen Kampf zwischen den verschiedenen Organisationen
der Gehilfen um eine möglichst starke Vertretung im Kaufmannsgericht,
und da die Wahlen auf Grund von Listen nach dem Verhältniswahlsystem
stattfinden, schlossen sich gewöhnlich eine Anzahl von gegnerischen Vereinen zur
Aufstellung einer kombinierten Liste zusammen, während der Zentralverband
und ebenso der antisemitische „deutsch-nationale" und der liberale Leipziger
Verband für sich kämpften. . Das Wahlergebnis war zumeist, und nament
lich in Berlin, eine Vertretung des Zentralverbandes, die das Verhältnis
seiner Mitgliederzahl zu der der anderen Organisationen sehr wesentlich
überstieg. Ungeachtet der geflissentlichen Bezeichnung des Zentralverbandes
als sozialdemokratisch, in den meisten Fällen sogar eher wegen dieser
Betonung stimmten im Verhältnis erheblich mehr Gehilfen für seine
Kandidaten, als für die der anderen Verbindungen. Folgendes die Er
gebnisse in den Lauptorten:
Charlottenbnrg (6. Januar 1905) 3 Kandidaten des Zentralverbandes,
9 der Gegner gewählt.
Schöneberg (5. Februar 1905) 2 Kandidaten des Zentralverbandes,
7 der Gegner gewählt.
Rixdorf (28. Februar 1905) 3 Kandidaten des Zentralverbandes,
9 der Gegner gewählt.
Lichtenberg (3. März 1905) 1 Kandidat des Zentralverbandes, 5 der
Gegner gewählt. Nach dem Stimmenverhältnis — 75 gegen 173 —
hätten dem Zentralverhand 2 Vertreter zukommen müssen, er hatte indes
nur einen aufgestellt, lind so, fiel das andere Mandat den Gegnern zu.