Full text: Die Berliner Arbeiterbewegung von 1890 bis 1905

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Gewerkschaften, da diese Vereine sich bis dahin in der Berliner Gewerk 
schaftskommission vertreten ließen. Indes hatten sich im Laufe der Jahre, 
wie in der allgemeinen Gewerkschaftsbewegung, so auch in Berlin die 
Gegensätze zwischen „Verbändlern" und „Lokalisten" immer mehr zugespitzt, 
und als im Frühjahr 1898 auf einer Delegiertenversammlung der Gewerk- 
schastskommission der Antrag des Vertreters der Buchdrucker Massini 
Annahme fand, daß fortan die Organisationen das Recht haben sollten, 
für jede 500 Mitglieder einen Delegierten bis zur Höchstzahl von sechs 
Delegierten zu entsenden, nahmen dies die Anhänger der lokalistischen 
Richtung sowie vorübergehend auch die örtliche Verbindung des zentralisti 
schen Verbandes der Schmiede zum Anlaß, aus der Gewerkschaftskommission 
auszutreten, indem sie erklärten, durch den neuen Abstimmungsmodus wollten 
die großen Gewerkschaften die kleinen „majorisieren". Ein wenig berechtigter 
Vorwurf, denn die großen Gewerkschaften — es hatten die Buchdrucker 5000, 
die Holzarbeiter 8300 und die Metallarbeiter über 13 000 Mitglieder — 
blieben danach noch weit unter dem Verhältnis ihrer Stärke vertreten und konnten 
von den 40 bis 50 Gewerkschaften, die unter 1000 Mitglieder hatten, immer 
noch mit Leichtigkeit überstimmt werden. Richtig war nur, daß nach diesem 
Modus die zentralistisch organisierten Maurer mehr Delegierte entsenden 
konnten als die Maurer des lokalistischen Vereins und so gegebenenfalls in 
einer Frage ihres Gewerbes mit größerem Gewicht als diese auftreten 
konnten, denn sie zählten schon gegen 4000, jene aber nur 2500 Mitglieder. Da 
nun der Lokalverein der Maurer die stärkste lokalistische Organisation Berlins 
war, so ist es immerhin verständlich, daß die Annahme des neuen Ver 
tretungsmodus von den Angehörigen dieser Richtung als das Signal zum 
Austritt aus der Kommission genommen wurde. Sie waren dort zum 
Fremdkörper geworden. 
Im ganzen figurieren in der Zusammenstellung für 1898 die lokalisti 
schen Gewerkschaften mit 5554 Mitgliedern. Zieht man diese Zahl von 
der Gesamtzahl jenes Jahres ab, so bleiben für die zentralistisch organi 
sierten Gewerkschaften und die zu ihnen stehenden Vereine 59 245 Mit 
glieder. Von dieser Zahl aus ist die weitere Entwicklung mit der 
Einschränkuitg zu werten, daß es die ganze Zeit über eine Anzahl 
kleinerer Vereine gibt, die in den Berichten abwechselnd auftauchen 
und wieder verschwinden. Die einen schließlich dauernd, weil sie sich 
mit andern Organisationen verbunden haben oder in sie aufgegangen sind, 
die andern immer nur zeitweise, weil sie tritt ihren Berichten usw. im 
Rückstand sind. 
Anter Berücksichtigung dieser Schwankungen, die indes in keinem Jahr 
nennenswerte Ausfälle verursachen, haben wir die folgende Zusammen 
stellung für die Entwicklung der Zahl der in der Berliner Gewerkschafts 
kommission von 1898 ab vertretenen Gewerkschaften und die Gesamtzahl 
ihrer Mitglieder zu lesen. Es gehörten der Kommission an und erstatteten 
rechtzeitig Bericht: 
1898 82 Organisationen mit 59 245 Mitgliedern 
1899 " 
1900 
1901 
1902 
62 
„ 70 723 
69 
„ 94 758 
73 
„ 93 562 
65 
„ 
„ 108 729
	        
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