Full text: Die Berliner Arbeiterbewegung von 1890 bis 1905

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recht der Verfügung der Berliner Genossen vorenthalten, und so konnte 
es nicht fehlen, daß gar manche Maßnahme, die sich darauf bezog, in 
Berlin Mißstimmung erregte. Das kam wiederholt auf Parteitagen zum 
Ausdruck, ohne daß jedoch zunächst am Rechtsstand etwas geändert wurde. 
Als aber 1897 auf dem Hamburger Parteitag das Parteistatut wieder 
hergestellt wurde, das nach dem Köllerstreich vorübergehend außer Kraft 
gesetzt worden war, ward, gemäß einem vom Parteivorstand mit den Berliner 
Delegierten vereinbarten Antrag, dem § 17 des Statuts, der vom „Vorwärts" 
handelt, folgender Satz eingefügt: 
„Zur Kontrolle der prinzipiellen und taktischen Äaltun g des Zentral 
organs, sowie der Verwaltung desselben, wählen die Parteigenossen 
Berlins und der Vororte eine Preßkommission, welche aus höchstens 
zwei Mitgliedern für jeden beteiligten Neichstagswahlkreis bestehen darf. 
Einwände der Preßkommission sind dem Parteivorstande zur Erledigung 
zu unterbreiten. Von Anstellungen und Entlassungen im Personal der 
Redaktion und Expedition ist der Preßkommission vor der Entscheidung 
Mitteilung zu machen und ihre Einsicht einzuholen." 
Zwei Jahre später, als der Parteitag zu Hannover das Parteistatut 
abänderte, erhielt dieser Paragraph, nun § 18, eine neue Fassung, die das 
Recht der Berliner noch erweitert. Es heißt darin: „Die Preßkommission 
entscheidet in Gemeinschaft mit dem Parteivorstande über alle Angelegen 
heiten des Zentralorgans, insbesondere über Anstellungen und Entlassungen 
im Personal der Redaktion und Expedition." Danach war die Preß 
kommission dem Parteivorstand in bezug auf den „Vorwärts" in jeder 
Linsicht als gleichberechtigt zur Seite gestellt, was noch besonders durch 
einen Schlußsatz verdeutlicht wird, der für Meinungsverschiedenheiten 
zwischen Parteivorstand und Preßkommission die Heranziehung der Kontroll 
kommission mit der Bestimmung vorschreibt, daß in solchen Fällen jedes der 
drei Organe je eine Stimme haben solle. 
Bei dieser Verteilung der Vollmachten ist es alsdann verblieben. 
Der Redaktionsstab des „Vorwärts" erfuhr im Laufe der Zeit manchen 
Wechsel. Wilhelm Liebknecht, der bis zu seinem im August 1900 
erfolgten Tode Chefredakteur war, brauchte bald einen politischen Redakteur 
neben sich, der imstande war, ihn zu vertreten, wenn Pflichten der Agitation 
ihn aus Berlin fortriefen. Diese Kraft ward in Bruno Schoenlank 
gefunden, der aber schon im Jahre 1894 Berlin mit Leipzig vertauschte 
und die Redaktion der „Leipziger Volkszeitung" übernahm. An seine 
Stelle trat Adolph Braun, und ein Jahr später ward in Georg Ledebour 
ein weiterer politischer Redakteur gewonnen. Als letzterer 1897 wieder aus 
trat, ward seine Stelle durch Georg Gradnauer ersetzt, und als die 
preußische Regierung 1899 Adolph Braun als „lästigen Ausländer" aus 
wies, ward Kurt Eisner sein Nachfolger. Eisner und Gradnauer wurden 
nach Wilhelm Liebknechts Tod im Jahre 1900 die Redakteure des politischen 
Lauptteils des „Vorwärts", doch war dies keine eigentliche Chefredaktion, 
vielmehr wurde nun die Leitung des Blattes kollegialisch von der Gesamt 
heit der Redakteure geregelt. Der Stab der Redakteure des politischen 
Teils ward damals durch Äeinrich Ströbel vermehrt, und Redaktions 
mitglied für Volkswirtschaftsfragen ward an Stelle Conrad Schmidts, 
der mehrere Jahre dies Gebiet bearbeitet hatte, Leinrich Cunow.
	        
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