Full text: Das Betriebsrätegesetz

Am 18. Januar 1920 ist das Betriebsrätegesetz in der 
Nationalversammlung in dritter Lesung zur Annahme ge 
langt. Bei der namentlichen Schlußabstimmung haben 215 
anwesende Abgeordnete dafür, 63 Abgeordnete dagegen ge 
stimmt. Die A. S. P. D., der die Bestimmungen des Ge 
setzes noch nicht radikal genug waren, gehörten, mit Aus 
nahme von 2 ihrer Mitglieder, zur zweiten Gruppe. Ge 
schlossen stimmte dagegen die Deutsche Volkspartei. Ebenso 
verhielten sich die Deutschnationalen; sie traten in dieser 
^rage einheitlich auf, in erfreulichem Gegensatz zu anderen 
wirtschaftspolitisch bedeutsamen Gelegenheiten, wo, wie beim 
Reichs-Kohlenwirtschafts- und beim Reichs-Elektrizitätsgesetz, 
ein Te.il der Fraktion für die Regierungsvorlage gestimmt 
hatte. Auf der anderen Seite haben geschlossen für das 
Gesetz votiert und damit die volle Verantwortung für alle 
daraus sich ergebenden Folgen übernommen die Mehrheits 
sozialdemokraten, das Zentrum und die Deutsche demokratisch« 
Partei. 
Offenbar beruhte bei allen drei Parteien die Abstimmung 
auf Fraktionszwang. Am so auffälliger ist, daß vom Zentrum 
bei einer Gesamtabgeordnetenzahl von 87 gelegentlich dieser 
Abstimmung 30, von den Demokraten bei einer Gesamt 
abgeordnetenzahl von 74 nicht weniger als 45, also fast zwei 
Drittel, gefehlt haben. Ob das auf Zufall beruht, oder ob 
für den einen oder den anderen sonstige Motive in Betracht 
gekommen sind, ist natürlich nicht festzustellen. 
Als der Gesetzentwurf am 13. Januar 1920 nach zwei 
maliger Durchberatung in der Kommission zur nunmehr end 
gültigen Verabschiedung in zweiter und dritter Lesung ans 
Plenum der Nationalversammlung gelangt war, hatte die 
Deutsche Volkspartei im Anschluß an die großzügige Rede 
lyres Abgeordneten Bögler Verweisung des Entwurfs zu 
nächst an den Reichswirtschaftsat als die zu seiner sach 
verständigen Durchberatung berufene Instanz beantragt. 
Der Antrag lautete: „Der Gesetzentwurf wird dem nach 
165 der Verfassung zu bildenden Reichswirtschaftsrar 
zur Vorberatung mit dem Ersuchen überwissen, Richtlinien 
für eine Eingliederung der Betriebsräte in die Wirtschafts-
	        
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