Die Preise fingen im September an zu st e i g e n. Sofort entstand
die Furcht vor Stockungen in der regelmäßigen Versorgung. Die greif
baren Vorräte wurden knapp und von den Aufkäufern der Groß
händler und besonders der Großmühlen, die in dem heimischen Mahl
gut Ersatz für das fehlende ausländische suchten und den Mittel
mühlen hierbei zuvorzukommen trachteten, zu hohen Preisen wegge
rissen; konnten sie sich doch an hohen Mehlpreisen schadlos halten.
Auch wurde die Lage von rücksichtslosen Geldmachern arg ausgenutzt,
die schamlos ihr Süppchen am allgemeinen Kriegsbrände kochten.
Die Landwirte gaben, wie jeder Verkäufer, lieber zu hohen als zu
niedrigen Preisen ab, wären aber bei ihrer großen Zahl und ihrer
Vereinzelung kaum in der Lage gewesen, das Brotkorn allgemein
zurückzuhalten und hohe Preise einer vorsichtigen Nachfrage gegen
über herauszuholen. Auch war ein Teil ihrer Ernte durch Vor
verkauf auf dem Halm noch zu niedrigen Preisen in die Hände des
Handels übergegangen. Bereits am 11. August 1914 hatten die
Führer der Landwirte aus agrarpolitischen Besorgnissen erklärt, die
deutsche Landwirtschaft könne das deutsche Heer und Volk im Kriege
mit Brotkorn zu angemessenen Preisen versorgen, und als Mittel hier
zu die Festsetzung von 195 M. als Höchstpreis für die Tonne Rog
gen und 220 M. für die Tonne Weizen auf der Grundlage des Berliner
Marktpreises vorgeschlagen. Da die Mehlpreise seit Anfang Sep
tember weiter stiegen, begannen nun die städtischen Bäcker, die für
ihre Backware durch örtliche Festsetzungen im Preise gebunden waren,
den Müllern die Schuld für die steigenden Mehlpreise zuzuschieben
und nach Höchstpreisen für Mehl zu rufen. Die Müller gaben diesen
Ruf weiter nach Höchstpreisen für Brotkorn, da sie den Händlern
und Landwirten zu hohe Preise zahlen müßten. Noch stärker riefen
die Verbraucher, die sich bei dem knappen Angebot Erzeugern und
Händlern gegenüber in schwacher Lage fühlten und weitere unerträg
liche Preissteigerungen befürchteten. Sie waren mit Fug über be
kanntgewordene Fälle von Preiswucher erregt, erblickten in der zeit
lichen Folge der zweiten Preissteigerung nach der Aufhebung der
Großhandelspreise einen ursächlichen Zusammenhang und suchten
daher gegen die hohen Handelspreise in staatlichen Höchstpreisen
Schutz. Selbst Händler, Mühlenverbände, Stadtverwaltungen, Land
wirtschafts- und Handelskammern forderten staatliche Preisfestsetzung.
So hallte der Ruf nach H ö ch st p r e i s e n durch das ganze Reich
und rückte die Kornfrage, die bis dahin als Vorratsangelegenheit be
handelt war, fast ausschließlich unter den Gesichtswinkel der Preis
höhe. Die verschiedenen an der Brotversorgung beteiligten Gruppen
gerieten bedenklich in offene Gegensätzlichkeit. Die Abschneidung der