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Wicklung ließ sich die Aufgabe weder stellen nach läsen. Zuerst Mun
den in den anfangs nebelhaften allgemeinen Vorstellungen die letzten
Bögen der Brücke erkennbar, die sich nach dem neuen Ziele spannen
sollte: die wöchentliche Zuteilung der g l e i ck e n. R r o t -
menge an jeden Deutschen mit Hilfe.von Markenkarten. Hieran
knüpfte sich, was heute beim Rückschauen wie ein Pfeilerzierrat an
mutet, die Anregung des preußischen Handelsministeriums, für
ersparte Abschnitte eine besondere Vergütung zu zahlen, um da
durch den Anreiz zur Brotersparnis einzufügen. Im Reichs
amt des Innern, als der Zentralstelle der deutschen Wirtschafts
politik, wurde dann dieses Ziel weiter geklärt und rückwärtsschreitend
zu der Brotzuteilung die M e h l z u w e i s u n g , die Ordnung
der Vermahlung und die Leitung des Kornver
kehrs vom Landwirt an als weitere Brückenbögen aufgestellt.
Für ihren Aufbau in der handfesten Wirklichkeit der Dinge, Einrich
tungen und Menschen wurden von vielversuchender Phantasie
manche Pläne entworfen, die bei sorgsamer Prüfung wieder ver
worfen wurden. Denn wohin Phantasie, ohne durch den Verstand
gezügelt zu werden, trotz bester Absicht führen kann, hat Cervantes für
immer an den Geschicken des sinnreichen irrenden Ritters gezeigt.
Beider-nüchternem Durchprüfung wurde klar, daß die bis
her verfolgten Ziele, die.Vorräte zu schonen und zu strecken, die Preise
niedrig zu halten, das Heer zu versorgen und reichliche Vorräte auf
zuspeichern, ohne weiteres von dem neuen Ziele mit umschlossen wur
den und daß die dafür bisher getroffenen Einrich
tungen für den Neubau verwendbar waren. So wurde schließ
lich ein einfacher Aufbau gefunden, der alle Teilbauten der bis
herigen Kornpolitik als Pfeilerslücke verwendete und sich den deut
schen Wirtschafts- und Verwaltungs-Verhältnissen so anpaßte, daß
man mit Wahrscheinlichkeit auf ihm zum Ziele kommen konnte. Mitte
Januar 1915 wurden dann binnen wenigen Tagen die Grundzüge
einer behördlich-kaufmännischen Bewirtschaftung von Korn, Mehl
und Brot vom Reichsamt des Innern mit Unterstützung des Reichs
justizamtes und des preußischen Justizministeriums im einzelnen
entworfen und im Einvernehmen mit den beteiligten Reichs- und
preußischen Ressorts unter dem Druck des Reichskanzlers festgestellt,
der sich persönlich dafür einsetzte. Sie wurden am 21. Januar 1915 von
den telegraphisch nach Berlin geladenen Ministern sämtlicher Bundes
staaten im Reichsamt des Innern beraten und trotz des Wider
spruches der Kriegs-Getreidcgesellschaft gebilligt. Am 25. Januar
erließ der Bundesrat die V e r o rd v u n g üb£.r Jtc lung des