Full text: Teuerung und Geldentwertung

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ihrer Lage, und zwar in der Hauptsache auf Kosten der 
Ver braucher. Aber wenn dann nach und nach die andern 
Arbeiter ihrem Beispiel folgen, und allenthalben Lohn- 
erhöhungen und die entsprechenden Preiserhöhungen s|tatt- 
finden, so ist das Ergebnis, daß die Arbeiter für den er- 
höhten Lohn nicht mehr kaufen können als früher. Sie 
schleppen zwar am Ende der Woche mehr Papiergeld nach 
Hause, ihr Nom in a lein k o m men ist gestiegen, aber an 
ihrer Kaufkraf,, an ihrem Realeinkommen, hat 
sich nichts wesentliches geändert. Nur von den Preis- 
erhöhungen bei Waren, die dem Luxusbedarf der Besitenden 
dienen, werden, die Arbeiter nicht betroffen. Diese Waren 
bilden aber nur einen kleinen Teil unsrer Gütererzeugung. 
Wir müssssen uns gewöhnen, bei der Betrachtung volks- 
wirtschaftlicher Vorgänge den Geldschleier wegzuziehen. Wir 
leben nicht vom Geld, sondern von W ar e n. Das Geld hat 
nur den Austausch und die Verteilung der Güter zu ver- 
mitteln. Es kommt nicht darauf an, wieviel Geld, sondern 
darauf, wieviel Nahrungsmittel, Kleider und Häuser wir 
haben. Wenn wir heute jedem Arbeiter ein Ministergehalt 
gäben, so hätten wir deshalb auch nicht ein Stück Brot, nicht 
ein Paar Stiefel und nicht eine Wohnung mehr. Es würde 
höchstens erreicht, daß die Notenpreisc nicht mehr mitkäme und 
schließlich unser Geld so entwertet wird, daß wir unzs die 
Stube damit tapezieren können. Cs soll mit diesen Aus- 
führungen nicht etwa gesagt sein, daß der Arbeiter die Waffe 
des Streiks überhaupt in den Schrank stellen muß. Bei der 
allgemeinen Aufwärtsbewegung sind einzelne Arbeiter- und 
Angestelllenschichten zurückgeblieben. Man kann es ihnen 
nicht verübeln, wenn sie Lohnerzöszungen durchzuseten ver- 
suchen. Aber darüber müssen wir uns klar sein, daß eine 
allgemeine Erhöhung der Löhne ohne gleich- 
zeitige Steigerung des Arbeits ertrages die 
üblen Wirkungen der Teuerung nicht auf h eben kann. 
Wenn gesagt wird, daß der Arbeiter doch so viel haben 
müßte, um davon leben zu können, muß demgegenüber darauf 
hingewiesen werden, daß eben dieses Ziel nicht erreicht wird, 
wenn der Arbeiter für ein erhöhtes Einkommen nicht mehr 
kaufen kann als früher. 
Man könnte vielleicht gegen diese Ausführungen ein- 
wenden, daß damit überhaupt über die Gewerkschaftsbewe- 
gung der Stab gebrochen sei. Das ist aber nicht der Fall.
	        
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