Full text: Verhandlungen des Industrierates über den Ausbau und die Reform der Arbeiterversicherung

I 
mungen, das System der Aushilfskellner, die Mit- Saisonarbeiter zuläßt, die sich derselben nicht länger 
teilung des Herrn Smitka im Arbeitsbeirat, daß eine als zwölf Wochen im Jahre widmen, im übrigen aber 
große Zahl von Friseurgehilfen nur zwei bis drei Tage ihren Lebensunterhalt als Betriebsunternehmer oder 
in der Woche versichert sind, läßt jedoch die Annahme anderweitig selbständig erwerben und daß das 
zu, daß die Fluktuation der gewerblichen Arbeiterschaft Reformprogramm selbst hinsichtlich der Unfallver- 
viel größer ist, als man glauben sollte. Einen gewissen sicherung der Beschäftigungsdauer keinerlei einschrän- 
Anhaltspunkt bieten auch die Ziffern der Unfalls- kende Wirkung zuerkennt, also auch unständige Ar- 
statistik. Nach dieser Statistik war im Jahre 1904 die beiter dieser Pflicht unterwirft. 
durchschnittliche Beschäftigungsdauer eines unfall- Dadurch wird die im Regierungsprogramm 
versicherten Arbeiters 252 Tage. Diese Durchschnitts- küx die Eliminierung gegebene Begründung, insoweit 
zahl erfährt noch eine gewisse Erhöhung, wenn man jie sich darauf beruft, daß durch die Einbeziehung des. 
den Umstand ins Kalkül zieht, daß sie durch die kurze [uktuierenden Elementes die vorgeschlagenen Ver- 
Arbeitsdauer der bei den landwirtschaftlichen Maschinen einfachungen des Meldewesens und der Beitrags- 
Beschäftigten, die nur 12 Tage beträgt, ungünstig ahstattung illusorisch würden hinfällig, denn für die 
beeinflußt wird. Zwecke der Unfallversicherung müssen diese Leute 
Unter dieser Durchschnittszahl von 252 Tagen unbedingt erfaßt werden, eine Aufgabe, die den 
bleiben folgende Gruppen, und zwar: Krankenkassen zufällt. Es vertrüge sich gewiß nicht 
Mühlen mit 223, Transportunternehmungen zu mit dem Ernste der Reformbesstrebung, wollte man 
Wasser 227, Steinbrüche 171, Gräbereien 135, Ver- hinsichtlich dieses Versicherungszweiges eine neue 
arbeitung von Erden 231, Bauunternehmungen 205, und recht ergiebige Quelle für Beitragshinterziehungen 
Baugewerbe 144 und bauliche Nebengewerbe 141. schaffen, wo doch ein guter Teil des Sanierungs- 
Mag nun auch mancher Fehlbetrag auf die Stellen- programmes auf die in Aussicht stehende Verhinderung 
losigkeit, Krankheit ec. zurückzuführen sein und nimmt dieser Hinterziehungen beruht. Es wären Mittel und 
man auch an, daß viele Arbeiter der Saisongewerbe Wege zu suchen, um eine sichere Anmeldung der 
im Winter eine andere dauernde Beschäftigung finden, unständigen Arbeiter zu erzielen und wenn sich die 
jo bleibt immerhin gewiß noch ein ganz stattlicher Bestimmungen des g 18 nicht ausreichend erweisen 
Rest von fluktuierenden Arbeitern, wie denn auch sollten, so müßte eben durch eine scharfe Kontrolle 
selbst jene, die während der schlechteren Jahreszeit und rücksichtslose Handhabung der Strafbesstimmungen 
irgendwo Unterkunft finden. bis zum Eintritt dieses ein erträglicher Zustand herbeigeführt werden. Übrigens 
Momentes sehr häufig jede sich bictende Arbeitsgelegen- bietet der in dem Gutachten der vereinigten Unfall- 
heit annehmen und dadurch fluktuierende Arbeiter versicherungsanstalten für die Baubetriebe vorge- 
werden dürften. schlagene Modus der Vorlage einer Durchschrift der 
Ganz besonders werden aber fluktuierende Wochenlisten einen möglicherweise gangbaren Ausweg, 
Arbeiter in großer Zahl in der Land- und Forstwirt- ebenso wie der Hinweis darauf, daß die Evidenz- 
schaft anzutreffen sein, was hier aus dem Grunde führung durch die als Meldestelle fungierende auf ein 
hervorgehoben sein mag, weil ein Antrag auf die kleines Territorium beschränkten Kassen bei eventueller 
Einbeziehung dieser Arbeiterkategorie vorliegt. Aller- Heranziehung der Gemeinden (politische Meldestelle) 
dings haben sich die Herren landwirtschaftlichen Ex- ?! sehr brauchbarer ist. 
perten über die Frage der Einbeziehung der fluktu- Da das fluktuierende Element bei verhältnis- 
ierenden Arbeiter widersprechend geäußert, aus ihren mäßig wenig Betriebsgattungen in Betracht kommt, 
Depossitionen hat sich aber hauptsächlich ein Hindernis und zumeist auch bei diesen auf gewisse Zeiträume 
für die Einbeziehung dieser Leute dadurch ergeben, beschränkt bleibt, sollte aus einem mehr oder minder 
daß auf die große Hahl der ausländischen Wander- formalen Grunde nicht eine Ausnahme sstatuiert werden, 
arbeiter hingewiesen und mit Recht konstatiert wurde, die dem System ebenso wie den Versicherten schädlich 
daß deren Befreiung von der Versicherungspflicht ist. Die Sicherheit der Erfassung der fluktuierenden 
geradezu eine Prämie für die Verwendung von Aus- Arbeiter wird kaum größer durch die Festsetzung einer 
ländern wäre. dreitägigen Frist; ohne Kontrolle würde sich dieselbe 
Alle diese Momente kann man ebensogut für leicht auf vier bis fünf Tage ausdehnen. Leider ist 
als gegen die Freilassung der unständigen Arbeiter kein Gesetz sso vollständig, daß dessen Umgehung nicht 
gelten lassen, denn sie beweisen, wie schwer und unsicher mit einiger Aussicht auf Erfolg versucht werden könnte. 
das Problem zu lösen ist, sie beweisen ferner, daß viel Die Frage steht unseres Erachtens daher so, ob der 
größere Interessen auf dem Spiele stehen, als man geringe Einsay der ersparten Versicherungsbeiträge 
bei oberflächlicher Betrachtung anzunehmen geneigt ist. das Risiko einer empfindlichen Strafe (nach §$§ 240 
Im erhöhten Maße fällt der Umstand ins Ge- und 243 bis zu 400, beziehungsweise 1000 K) und 
wicht, daß das deutsche Invalidenversicherungsgesetß der nach § 50 obliegenden Verpflichtung, eventuell der 
auch die unständigen Arbeiter in die Versicherung Kassa den Aufwand für den nicht angemeldeten Ar- 
einbezieht und nur im § 6 die Befreiung jener beiter zu erseßzen, lohnt, besonders da die Aufklärung 
d
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.