Full text: Verhandlungen des Industrierates über den Ausbau und die Reform der Arbeiterversicherung

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erwerbenden Personen einbezogen werden, die nicht hätten sich im Jahre 1904 Unfälle von jugendlichen 
unter das Privatbeamtenverssicherungsgeseß fallen, Hilfsarbeitern ergeben, und zwar 3344 mit vorüber- 
welches bekanntlich neben einem minimaleu Einkommen gehender und über 4 Wochen dauernder Erwerbs- 
noch andere Vorbedingungen, wie die ausschließliche unfähigkeit und 1077 mit dauernder Erwerbsunfähig- 
oder doch vorwiegende Dienstleistung, die Erfolgung keit. Wäre daher selbst vom Standpunkte der Krank- 
der Bezüge mindestens in Monatsraten tc. verlangt. heitsfürsorge die Freilassung der jugendlichen Hilfs- 
Personen, bei denen diese Vorbedingungen nicht zu- arbeiter nicht gerechtfertigt, von der Unfallsstatistik 
treffen, müssen aber irgendwo versichert sein. Ganz ab- aus betrachtet ist sie es gewiß nicht. 
geschen davon, daß man die Fürsorge für den Nach § 94 der Gewerbeordnung dürfen nur 
Krankheits- oder Invaliditätsfall nicht in das Er- Kinder vor dem vollendeten 12. Lebensjahre zu ge- 
messen dieser Personen stellen kann, genügt die werblichen Beschäftigungen regelmäßig nicht verwendet 
Möglichkeit der freiwilligen Versicherung hier nicht, werden, wogegen vom 14. Lebensjahre an nur die 
weil zu einer solchen Versicherung nach § 96 des Beschränkung Platz greift, daß die körperliche Ent- 
Reformprogrammes Personen, die über 35 Jahre alt wicklung nicht behindert wird und daß die Arbeitszeit 
sind, nicht mehr zugelassen werden. ; Es wäre auch un- acht Stunden nicht übersteigt. Eine so intensive Aus- 
billig, daß sselbst im Falle der freiwilligen Versicherung nützung der Arbeitskraft eines jugendlichen Hilfs- 
Personen mit einem Einkommen über K 2400— den qrheiters spricht gewiß für dessen Einbeziehung in die 
ganzen Beitrag, also auch die Quote des Dienstgebers Jnvaliditätsversicherung, zumal die letztere ein weiteres 
aus eigenem tragen müssen. Die Unfallversicherungs- Mittel sein wird, um der auf der Verwendung nur 
anstalten haben in Bezug auf die Invalidenversicherung iugendlicher Arbeiter basierenden Schmutkonkurrenz 
ebenfalls ein Interesse an der Erhöhung der Minimal- (igen Riegel vorzuschieben. Ein etwaiger Hinweis auf 
grenze mit Rücksicht auf das Ruhen der Unfallsrente die finanzielle Jnanspruchnahme durch den Staats- 
beim Zusammentreffen mit der Invaliditätsrente. zuschuß für die Invalidenrente wäre nicht gerecht- 
Aus dem Vorgessagten ergeben sich folgende An- fertigt, denn wenn die Invalidität Jugendlicher eine 
träge: seltene Erscheinung ist, so kann ein nennenswerter 
1. Die im Alinea 1, § 3 für die Be- Effekt durch solche Invaliditätsfälle gewiß nicht ein- 
freinng von der Versicherungspflicht mit treten; ist aber das Gegenteil der Fall, dann wäre 
den Beträgen von 200 Kmonatlich oder 2400K damit auch bewiesen, daß die jugendlichen Hilfsarbeiter 
jährlich angenommene GBehaltsgrenze ist auf unbedingt einzubeziehen sind. Der Hinweis auf die 
300K, beziehungsweise 3600K zu erhöhen, deutsche Invalidenversicherung, nach welcher die 
die Worte „im Monats- oder Jahresgehalte JInvalidenversicherungspflicht ersst mit dem 16. Jahre 
stehend“ sind zu eliminieren. eintritt, genügt nicht zur Motivierung dieser Ausnahme, 
2. Änderung des § 27 in dem Sinne, daß da erst untersucht werden müßte, ob die Verwendung 
den Versicherten der VI. Lohnklasse ärztliche jugendlicher Hilfsarbeiter bei uns denselben gesetzlichen 
Hilfe, Heilmittel ec. nicht zuerkannt, dagegen Beschränkungen unterworfen ist wie in Deutschland. 
das nach Alinea 2 zu gewährende Kranken- Was die Festseßzung einer oberen Altersgrenze 
geld entsprechend erhöht wird. anbelangt, so erscheint die Motivierung des Reform- 
Altersgrenze s 4, Zahl 2. Was zunächst die programms zwingend und wäre es nicht am Plate, 
Annahme einer Mindestgrenze von 16 Jahren für die für die Invalidität Übergangsbestimmungen auf- 
Invalidenverssorgung anbelangt, so kann derselben aus zunehmen, die unter allen Umständen eine schwere 
dem Grunde nicht zugestimmt werden, weil in unfall- finanzielle Belastung involvieren, eveutuell die ganze 
versicherungspflichtigen Betrieben eine solche Ein- finanzielle Grundlage, auf der die Reform aufgebaut 
schränkung nicht Platz greift. Ein in dem Alter bis zu werden soll, erschüttern können. Die Regierungs- 
16 Jahren Verunglückter würde im Falle totaler Er- vertreter berechnen, daß bei Entfall der oberen 
werbslosigkeit der Unfallversicherung dauernd zur Last Altersgrenze die individuelle Beitragslast sich um 
fallen, weil die nach § 142 Reformprogramm vor- 10 Prozent erhöhen und der Staat in den ersten 
gesehene Einrechnung der Invalidenrente nicht ein- fünf Jahren statt zwei Millionen Kronen zusammen 
treten könnte, was um so schwerer ins Gewicht fällt, 15 Millionen Kronen beizusteuern haben würde. Die 
als nach der Unfallstatistik für das Jahr 1904 sich von mehreren Seiten hervorgehobene Unbill für 
unter 1000 versicherten Arbeitern 50 jugendliche bereits in Beschäftigung stehende Arbeiter, welche die 
befanden, ein Verhältnis, das ziemlich konstant ist. Altersgrenze überschritten haben, muß angesichts der 
Das sind bei ciner Zahl von zirka 1,600.000 im finanziellen Rückwirkung in Kauf genommen werden. 
Jahre 1904 versicherten Vollarbeitern 80.450 jugend- Aus finanziellen Gründen könnte ich nicht einmal einer 
liche Hilfsarbeiter. Nimmt man die Unfallsgefahr Kürzung der Wartezeit zustimmen, wenn nicht seitens 
eines jugendlichen Hilfsarbeiters gleich jener einer des verssicherungstechnischen Departements im Mini- 
Arbeiterin an, also mit !/4, beziehungsweise !/, der sterium des Innern die weitesstgehenden Aufschlüsse 
Unfallsgefahr eines männlichen Vollarbeiters, so gegeben und der Industrie die Möglichkeit geboten 
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