Full text: Verhandlungen des Industrierates über den Ausbau und die Reform der Arbeiterversicherung

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träge alle Anstalten belastet, welchen Beiträge zu- wie erwähnt, noch abzuwarten, wie sich dieses Aus- 
geflossen sind, und die Steigerungsbeiträge jener kunftsmittel bewährt. Wir in Österreich haben mit 
Anstalt zur Last geschrieben werden, welche die ent- der Autonomie der Länder durchaus keine so guten 
sprechenden Beiträge erhalten hat. Über die Be- Erfahrungen gemacht, daß wir uns für eine Kon- 
rechnung des Kapitalswertes trifft der Bundesrat Be- struktion, für die eigentlich gar nichts spricht als die 
stimmungen. Heute kann nur das eine gesagt werden, vielen Seiten so wertvoll erscheinende Ausschaltung 
daß das Verfahren zur Verteilung der Lasten nicht der Staatsgewalt, begeistern könnten, zumal, wie bei 
einfach ist; ob es sich als zweckmäßig erweisen wird, den Beratungen im Ausschuß des Arbeitsbeirates 
ist noch eine offene Frage. “ ganz richtig hervorgehoben wurde, daß die ungleichartige 
Ein weiteres Moment in dieser Richtung ist Entwicklung der Kassen und die Notwendigkeit einer 
die Schwierigkeit der Feststellung der Beitrags- Differenzierung der Beiträge sich in ihren Folgen als 
leistungen, die für die Anwartschaften eine so be- ein Zwischenzoll auf die Industrie einzelner Länder 
deutende Rolle spielt. Aus bekannten Gründen wurde herausstellen müßte. 
von der Einführung des Markenssystems abgesehen. Betrachten wir aber die Organisation in terri- 
Es müßte also bei Änderung des Aufenthaltes in torialer Gliederung, wie sie vom Ausschuß des 
eine der territorialen Anstalten förmlich die Übergabe Arbeitsbeirates hauptsächlich aus dem Grunde an- 
des Versicherten durch Übersendung seines Konto- genommen wurde, damit der Vorstand möglichst 
auszuges erfolgen. Ganz abgesehen von der Arbeit autonom sei. Letzterer soll aus gewählten Vertretern 
und den Kosten, die das verursacht, stünden auch der der Unternehmer und der Arbeiter bestehen. Da wirft 
praktischen Durchführung ungeheuere Schwierigkeiten sich sofort die Frage auf, welche Daucr für das 
gegenüber bei einer Arbeiterschaft, die erst an die Mandat eines Vorstandsmitgliedes in Aussicht ge- 
Olliegenheiten, die ihr aus der neuen Regelung der nommen ist und ob das Amt eines Vorstandsmit- 
Versicherung erwachsen, gewöhnt werden muß, die gliedes ein bezahltes oder ein Ehrenamt ist. 
häufig des Lesens und Schreibens unkundig und vielfach Ist der Vorstand nur für eine beschränkte Reihe 
in Bezug auf den Intellekt noch sehr rüctständig ist. on Jahren, etwa auf drei oder vier Jahre gewählt 
Die Einführung von Legitimationskarten würde da so iets et richt in der Lage sein auf die Geschäfts- 
kaum Abhilfe schaffen, denn diese Karten müßten aus leo des ) Leitontent e i allzu js. 
Eisen sein, wenn fie ihren Zweck erfüllen sollen und Einfluß zu nehmen, weil die Führung eines Institutes, 
auch in diesem Falle würde die Evidenz derselben so das wie aus den Berechnungen des Herrn Dr. Verkauf 
mannigfache Korrespondenzen der Anstalten und hervorgeht, oft mehr als eine Million Versicherter 
einen îo komplizierten Identitätsnachweis erfordern, umfaßt, b ottn doch eine intensive Sach- und Organi- 
daß dieses Mittel in der Praxis nicht anwendbar sationskenntnis verlangt, die man sich durch Studium 
erscheint. ! 5 . ¿,. „„ Allein kaum aneignen kann. Wird aber der Vorstand auf 
Alle diese Umstände sprechen gewiß für die lange Zeit, etwa auf zehn Jahre gewählt, so verliert 
Schaffung einer einheitlichen JInvalidenkassa. Zumal ey naturgemäß den Kontakt mit seinen Wählern, andrer- 
der Vorteil, der darin erblickt wird, daß durch die seits würde es ungeheuer schwer fallen, geeignete Per- 
territoriale Gliederung das Interesse der Anstalten sonen zu finden, welche ein so lang andauerndes 
an einer ordentlichen Gebarung aufrecht erhalten Mandat auszuüben in der Lage wären. Daraus müßte 
werde, in der Praxis sich sehr leicht als nachteilig gefolgert worden, daß das Amt eines Vorsstandsmit- 
erweisen könnte, denn je stärker dieses Interesse wird, gliedes ein bezahltes ist. Da es sich nun in diesem Falle 
desto näher liegt die Gefahr, daß sich die Kassen uur um eine gut dotierte Stelle handeln kann, würde 
gegenseitig Leute, die vor der Invalidität stehen, zu- sich das in den Verwaltungskosten ausdrücken, es 
schieben und sv den Übelstand der natürlichen Fluktua- ytirde aber bei längerer Mandatsdauer unbedingt die 
tion küustlich steigern. Die Übergabe der Anwatt- Erscheinung eintreten müssen, daß das Vorsstandsmit- 
schaften solcher Lente belastet zweifellos die Ver- glied mehr oder minder an seiner Stelle „klebt“, denn 
waltung in hohem Maße und die proponierte Ein- durch die lange Funktionsdauer wird er seinem eigenem 
führung einer Schuyfrist erweist sich als so kompliziert, Berufe entfremdet werden. Das ist eine Gefahr, die für 
daß dieser Weg in der Praxis kaum gangbar Beisißer aus dem Stande der Unternehmer in weit 
erscheinen wird geringerem Maße besteht, als für jene der anderen 
Die unausbleibliche Folge einer Verländerung Stände. Diese Gefahr bedingt eine weitgehende 
wäre daher eine ganz ungleichartige Entwicklung der Rückjicht auf die Massen der Wähler, beziehungs- 
Kassen, die sich mit der Zeit so zuspißen wird, daß weise ein Entgegenkommen gegenüber den Anfor- 
eine Neuregelung der Beiträge erforderlich wäre. derungen derselben, das vielleicht nicht immer den 
Man kann auch behaupten, daß Deutschland, wenn es Interessen des Institutes zuträglich ist. Auch nur 
res integra gehabt hätte, sich gewiß nicht zu der der Schein einer solchen Amtsführung müßte den 
überaus schwierigen Konstruktion der Gemeinlast und Konflikt mit den leitenden Beamten heraufbeschwören 
Sonderlast entschlossen haben würde und es bleibt, und es wäre nun, da dem leitenden Beamten das
	        
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