Full text: Verhandlungen des Industrierates über den Ausbau und die Reform der Arbeiterversicherung

Reorganisierung der Krankenversicherung überhaupt kann über die Möglichkeit einer der Sache nütlichen 
ergeben werden und deren richtige Veranschlagung Mitarbeit von vornherein kaum abgesprochen werden. 
vielseits angezweifelt wird, überhaupt nicht ins Kalkül Troß aller Einwendungen müssen daher die 
gezogen sind. Für diese namhafte Mehrbelastung Unternehmer im Falle der paritätischen Beitragsleistung 
können wohl die Dienstgeber eine entsprechende Ein- auf der Forderung beharren, daß sie ebensoviele 
flußnahme auf die Verwaltung verlangen. Mitglieder in die Vorstände der Krankenkassen zu ent- 
Wenn nun in den bezüglichen Sitzungen des vom senden haben werden, wie die versicherten Arbeiter. 
Arbeitsbeirate eingesezten Ausschusses ein Vertreter Was die übrigen in dieses Gebiet einschlagenden 
aus der Kurie der Arbeitnehmer sogar die Möglichkeit Bestimmungen anbelangt, so können die von dem 
ins Auge gefaßt hat, daß die lezteren die ihnen heute Jusschusse des Arbeitsbeirates akzeptierten Ab- 
nahezu unwidersprochen überlassene Selbstverwaltung, änderungsvorsschläge, welche die Reinheit und Geheim- 
wenn nicht anders möglich, durch Akzeptierung des haltung der Wahlen, die Heranziehung aller Wahl- 
dermalen geltenden Beitragsschlüssels von /s : !!’ berechtigten durch die Aufstellung genauer, der 
erhalten wollen, so tritt an die Dienstgeber die wich- zffentlichen Einsichtnahme zugänglicher und im Wege 
tige Frage heran, ob sie es mit ihrem Interesse verein- des Reklamationsverfahrens zu berichtigender Wähler- 
barlich finden können, einem solchen Kompromisse zu- (isten bezwecken, von dem Standpunkte der Unter- 
zustimmen. Nach meiner Ansicht kann dies nicht ohne- nehmer gutgeheißen werden. Das gleiche gilt von der 
weiters der Fall sein, weil — wie bereits erörtert Aufstellung einer Altersgrenze von 20 Jahren für die 
wurde — die Unternehmer ein reges Interessse aktive Wahlberechtigung; dagegen soll an dem Grund- 
daran haben, daß die Führung der Kassen in einer sagze festgehalten werden, daß das passive Wahlrecht 
völlig parteilosen und nur dem sozialen Zwecke dienen- qy das vollstrectte 30. Lebensjahr gebunden werde, 
den Art erfolge. Dazu kommt noch die Erwägung, daß damit nur gereifte und erfahrene Männer zur Aus- 
die Arbeiterschast einen Betrag von 7'2 Millionen übung der wichtigen Funktionen eines Vorstands- 
kaum wird entbehren können und dessen Überwälzung mitgliedes berufen werden. 
auf die Unternehmer nur eine Frage kurzer Zeit wäre, Die hervorragende Rolle, die dem leitenden 
wodurch dann ein Zustand herbeigeführt wird, der Veamten der Kasse zufällt, läßt dessen Ernennung 
der Unternehmerschaft für die in höherem Maße er- durch die Invalidenversicherungsanstalt gerechtfertigt 
folgende Heranziehung zur Kassssenleistung keinerlei erscheinen. Es kann dies um so weniger Bedenken er- 
Aquivalent bieten würde. regen, als dieser Beamte von der Invalidenver- 
Die ebenfalls in dem Ausschusse geäußerte Auf- sicherungsanstalt bessoldet wird und als in dem Vor- 
fassung, daß die Verteilung der Beitragsleistung mit stande dieser Anstalt die Versicherten in dem gleichen 
der Vertretung im Vorsstande in keinerlei Zusammen- Maße vertreten sind wie die Dienstgeber (§ 1.12 ) 
hang stehe, ist auf das entsschiedensste zu bekämpfen. daher einen genügenden Einfluß auf die Ernennung 
Theoretisch mag sie dem Wesen der sozialen Fürsorge des leitenden Beamten ausüben können. Ganz über- 
entsprechen; praktisch ist sie aber über Bord zu werfen sehen wurde aber der Umstand, daß dieser Beamte, 
in dem Momente, in welchem die Wirkung der Kranken- wenn auch im übertragenen VWirkungskreise, sehr wich- 
kassen sich in einer Richtung äußert, welche mit der tige Funktionen der Arbeiter-Unfallversicherungsanstalt 
\îrankenfürsorge nicht gerade in Einklang zu bringen zu versehen haben wird; es würde daher einem Gebote 
ist. Daß dies geschehen kann, wird in dem Motiven- der Billigkeit entsprechen, daß auch dieser Anstalt 
berichte zum Reformprogramm auf Grund der gerade einiger Einfluß auf die Ernennung des leitenden 
in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen unum- Beamten gewährt werde. 
wunden zugegeben. Mehr als alle Theorien gilt in den z ; 
g Keh cu rh "o f s tut Vorgesagten ergeben sich folgende 
schafft!“, ein Wahrspruch, der hier umsomehr aM 
Plate ist, als die Arbeiterschaft der Zahl nach kéne 11. Auf einer paritätischen Vertretung 
geringere, dem Einflusse nach aber gewiß eine größere der Arbeitgeber und Arbeitnehmer und Vor- 
Vertretung in den Krankenkassen haben werden wie stände der Krankenkassen ist unbedingt zu 
das Unternehmertum, troydem das letztere im gleichen bestehen; sollte das heutige Stimmenver- 
Maße für die Erhaltung und den Aufwand derselben hältnis, nämlich zwei Drittel Arbeitnehmer 
beisteuern soll. und ein Drittel Arbeitgeber, trozdem h er- 
Ob es möglich sein wird, die Unternehmerschaft gestellt t frdet so wäre eine Anderung des 
sür die Mitarbeit in den Vorständen der Kassen zu § zt it der Richtung ät fordern, daß nur ein 
interessieren, was von einer Seite angezweifelt wurde, Drittel der Beiträge hem Hienftgeber, da- 
ist hier nicht zu entscheiden und kann auch keine Rolle Ie gen zwet Drittel dem Versi cherten zur Lat 
spielen; bei dem allgemeinen Bildungsgrade, den die fallen. 
Unternehmer besiten und der doch schwerlich geringer 2. Die Ernennung des leitenden Beamten 
angeschlagen werden kann als jener der Arbeiterschaft, durch die Reichsinv alidenanstalt muß auf-
	        
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