sich auch künftig bessern wird, Charakteristisch ist, daß sogar die
Delegierten, die nach ihrer Rückkehr wieder unter den Einfluß der
sozialdemokratischen Politik gerieten, genötigt waren, zuzugeben, daß
die Lage in der USSR. weit besser ist, als wie sie sie sich vorgestellt
hatten, so Gustav Schüler-Weitmar, dessen Aufsatz im Organ des DMV,
wir folgende Stelle entnehmen:
„Leider konnten wir den Unterschied in der Lebenshaltung der
deutschen und russischen Arbeiter nicht feststellen, Feststellen konnten
wir nur, daß die Arbeiter bei ihren Verdiensten wohl leben, sich aber
nichts anschaffen können,"
Wie man „wohl leben‘ kann, ohne sich etwas anschaffen zu
können, wird wohl das Geheimnis der sozialdemokratischen Ueber-
legung bleiben! Sodann heißt es:
„Die Wohnungsmiete richtet sich nach dem Lohn, Je höher der
Lohn, um so höher die Miete.”
Daran läßt sich scheinbar nichts aussetzen. Der Verfasser ist aber
noch nicht zufrieden, denn irgendein Meister, den er besucht hat und
der 400 Mark monatlich verdient, zahlt für seine Wohnung 110 Mark.
Ferner teilt derselbe Schüler mit, daß die Arbeitszeit überall 8 Stunden
beträgt, für Schwerarbeiter weniger, guteingerichtete Erholungsheime
bestehen, die Sozialversicherung auf breiter Grundlage aufgebaut ist,
daß die Sowjetregierung auf dem Gebiete der Bildung sehr viel getan
hat usw., besinnt sich aber mit einmal, daß eine solche Information
den Führern seiner Sozialdemokratischen Partei eventuell mißfallen
wird und beginnt zu phantasieren:
„Die Freizügigkeit der Arbeiter ist nahezu aufgehoben. Kein
Arbeiter kann und darf nach seinem Belieben die Arbeit niederlegen
und sich eine neue Arbeitsgelegenheit suchen, Er muß einen langen
Antrag stellen, der aber regelmäßig abgelehnt wird ... Ich weiß, daß
durch Aufnahme und Verpflegung einige meiner Mitdelegierten sehr
beeinflußt worden sind, Was sonst noch blieb, wurde von gerissenen
Dolmetschern ins Gegenteil umgekehrt.”
Nachdem Schüler-Weitmar seiner Pflicht als Sozialdemokrat Genüge
getan hat (wir halten es nicht für notwendig, seine Lügen zu wider-
legen, denn „jedem, der niest, kann man nicht Gesundheit wünschen“),
schließt er wie folgt:
„Eins steht aber fest, die russische Regierung versucht mit aller
Kraft, etwas Besseres zu schaffen. Und dazu sind die russischen
Kommunisten andere Kerle als die deutschen Maulaufreißer, die sich
Kommunisten nennen.” .
Hier tritt deutlich der Zwiespalt im sozialdemokratischen Arbeiter
zutage, Von ihm gilt das Wort des Richters: „Zwei Seelen kämpfen
in meiner Brust.” Die eine zieht ihn zur Sowjetunion und zum
sozialistischen Aufbau, die andere zur sozialdemokratischen Theorie
und Praxis. Sein Schwanken ist kennzeichnend, es zeigt, wie der wirt-
schaftliche Aufschwung der USSR. und die Besserung der Lebenshaltung
der werktätigen Massen den mißtrauischsten und uns gegenüber
politisch feindselig eingestellten Männern Bekenntnisse entlockt, die
die Erklärungen der internationalen Sozialdemokratie über die Oktober-
revolution im vollen Sinne des Wortes umstoßen.
3 Warum reisen Arbeiter-Delegationen nach Sowijetrußland?
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