Die wirtschaftliche und finanzielle Seite
der Kautschukkultur.
Vox
EMIL HELFFERICH, Hamburg.
„Der kapitalistische Geist hat die ganze Erde ergriffen’’. Dieser Ausspruch
eines deutschen Nationalökonomen erhält in hohem Masse seine Bestätigung
durch die Kautschukkultur Bewegung, die eine moderne Wirtschaftsbewegung
mit allen einer solchen eigenen hervorstechenden Merkmalen ist. Die Schnelligkeit,
die Masse, das Neue, die Entfernung und die Spekulation sind ihr charakteris-
tisch. Die Wucht des organisierten Kapitals, welche in ihr zum Ausdruck
kommt, wird noch dadurch verstärkt, dass sie sich auf tropischem, kapital-
armem Gebiet unter der überlegenen Führung des Europäers vollzieht. Kapital
und Europäer durchbrechen die Gesetze des Dschungels und schaffen in einer
kurzen Spanne Zeit aus den unwirtlichen Gegenden Hinterindiens ein wirtschaft-
liches Neuland; sie schaffen jenen gewaltigen, ausgedehnten Plantagenbetrieb,
welcher der Kultur eines Baumes dient, der durch sie-won den Ufern des
Amazonas nach Südostasien verpflanzt wurde.
Von der Fülle der wirtschaftlichen Erscheinungen und Probleme, welche
die Kautschukkultur Bewegung darbietet, seien im Nachstehenden die haupt-
sächlichsten behandelt und zwar in folgender Anordnung: Voraussetzungen,
Aufbau und Folgen bezw. Begleiterscheinungen der Kaut-
schukkultur in Südostasien.
Das Verpflanzen einer fremden Spezies nach Südostasien ist nichts
Neues. Kaffee, Tabak, Kakao, Tee und Chinarinde sind importierte Kulturen
in Südostasien. Ebenso wurde und zwar durch die Bemühungen der englischen
Regierung die Hevea Brasiliensis 1875 nach Ceylon und später von dort
nach den anderen Gebieten Südostasiens übergebracht. Das Verpflanzen ist
also nichts Neues, sondern eher etwas gesetzmässiges. Daraus und aus dem
Gedeihen der eingeführten Arten folgert, dass die Voraussetzungen für die
tropische Agrikultur überhaupt in Südostasien besonders günstig liegen müssen
und weitergehend, dass der plantagenmässige Anbau tropischer Nutzpflanzen,
wenn überhaupt, in Südostasien am ehesten lebensfähig ist. Wir haben es
also, allgemein gesprochen, mit einer Ueberlegenheit Südostasiens zu tun.
Die atmosphärischen und terrestrischen Faktoren mögen in anderen
Ländern des Tropengürtels ebenso günstig sein als in Südostasien. Der Vorzug
Südostasiens liegt ausgesprochen in der geographischen Lage, den entwickelten
Verkehrsverhältnissen, dem Arbeiterdebit und der politischen Sicherheit. Wenn