Der Zyklus der Konjunktur. 367
mehr die abnormale Depression auch Wirtschaftssubjekte in Mit-
leidenschaft zieht, die mit der Verursachung und dem Sinn des
Zyklus nichts zu tun haben, vor allem die Arbeiter.
Die A la longue wichtigste und die allein keinen Einwendungen
ausgesetzte Heilmethode ist die Verbesserung der Konjunkturprog-
nose. Die immer steigende Vertrautheit der Praxis mit dem Zyklus
ist denn auch zusammen mit fortschreitender Vertrustung der Haupt-
grund dafür, daß die eigentlichen Krisenerscheinungen von Wende-
punkt zu Wendepunkt — Ereignisse wie der Weltkrieg und Zeiten
wie die Nachkriegsperiode gehören nicht hierher — schwächer wer-
den, Die Verlegung von Neuanlagen von Betrieben der Staaten oder
großen Konzerne erscheint von unserm Standpunkt als Milderung
des scharenweisen Auftretens der neuen Kombinationen und als Ab-
schwächung sowohl der Inflation des Aufschwungs als auch der De-
flation der Stockung, mithin als wirksames Mittel der Milderung wie
der Wellenbewegung so auch der Krisengefahr und der Folgen trotz-
dem auftretender krisenhafter Erscheinungen. Wahllose und allge-
meine Krediterleichterungen bedeuten Inflation schlechtweg, ganz so
wie staatliche Papiergeldwirtschaft. Sie können den normalen wie
den abnormalen, Prozeß eventuell auch ganz verhindern, begegnen
aber nicht bloß dem antiinflationistischen Argument überhaupt, son-
dern auch der Tatsache, daß sie jenes Maß von Auslese, das der
Depression immerhin zugeschrieben kann, vernichten und die V olks-
wirtschaft mit den unsichtbaren Kosten des Fortschleppens des Un-
angepaßten und Lebensunfähigen belasten. Die Kreditreduktionen,
die ohne weiterreichende Gesichtspunkte und systemlos von den Ban-
33 Zunehmende Voraussicht schwächt auch die normale Wellenbewegung ab.
Verhindern kann sie sie nicht, wie man erkennt, wenn man unsern Gedankengang
von diesem Gesichtspunkt aus prüft. Deshalb geht T. S. Adams zu weit, wenn er
formuliert: To anticipate the cycle is to neutralize it. Anders steht es mit dem
früher (Punkt 2,b, viertens) erwähnten Moment, daß mit der Zeit die wirtschaft-
liche Entwicklung immer mehr ‚Sache des Rechenstifts wird‘. Dieses Moment
ist etwas andres als die Vertrautheit und Voraussicht, von der wir jetzt sprechen.
Es mildert die Wellenbewegung auch, aber aus einem andern Grund als diese
letztere: Es tendiert die fundamentale Ursache des Aufschwungs zu eliminieren und
wirkt daher viel langsamer, der Tendenz nach aber viel vollständiger als die bloße
Voraussicht des Ablaufs der — solange die Ursache besteht, gleichwohl unver-
meidlichen — Wellenbewegung. Wieder anders steht es mit der Vertrustung:
Diese mildert normalen und abnormalen Verlauf aus den gleichen Gründen,