Auch Preußen machte, als es am siebenten Tage nach
Beginn des Krieges von 1870 eine Kriegsanleihe auflegte,
die schlechtesten Erfahrungen. Von einem Betrage von
100 Millionen Talern 5Viger fundierter Anleihe, die zu 88%
zur Subskription angeboten wurde, wurden nur 68 Millionen
Taler übernommen und dies trotz der allgemeinen Kriegs-
begeisterung, die damals die deutschen Länder erfaßt hatte *).
Diese Erfahrungen mochten es sein, die alle, die Jich
vor dem Weltkriege mit dem Problem der Kriegsfinan-
zierung beschäftigt hatten, erst in lezter Linie an innere An-
leihen denken ließgen. Im Vordergrunde aller Erwägungen
stand vielmehr die Absicht, die Kosten künftiger Kriege,
über deren Größe nur vage Vorstellungen bestanden, durch
Aufnahme von Darlehen bei Neutralen hereinzubringen. Wie
sehr man gerade in Österreich-Ungarn mit dieser Eventualität
rechnen zu müssen glaubte, zeigte das Verhalten der Dele-
gierten unserer Monarchie bei der Konferenz der Inter-
parlamentarischen Union, welche aus Anlaß der Ein-
weihung des Haager Friedenspalastes im September 1913
stattfand. Damals stand eine Resolution des Grafen Goblet
D'’Alviella, Vizepräsidenten des belgischen Senates, zur Be-
schlußfassung, welche ein Verbot der Unterstützung von Kriegs-
anleihen durch Neutrale verlangte **).
„In Anbetracht dessen,“ hieß es in dieser Resolution,
„daß heutzutage bei jedem längeren Kriege die kriegführenden
Mächte darauf angewiesen sind, die finanzielle Mitwirkung
der Neutralen durch Anleihen zu suchen; daß infolgedessen
die Neutralen, indem sie jene Anleihe verweigern können,
über ein Mittel verfügen, welches den Krieg verhindern,
oder doch mindestens abkürzen kann, .... ersucht die Inter-
parlamentarische Union die auf der Haager Konferenz ver-
*) Riesser, Finanzielle Kriegsbereitschaft, S. 207.
**) Hantos, Die finanzielle Kraftentfaltung der Österr..ung. Monar-
chie, S. 6.
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