auf dem noch freien Neulande selbständig gemacht hätte, was
nicht sehr schwer war.“
Aber: „Nur scheinen die meisten Nationalökonomen es für
selbstverständlich zu halten, daß ein solcher für die Lohnarbeiter
günstiger Zustand eine Ausnahme sei; denn freies Land gäbe es
nur in immer geringerem Umfange, in den dicht besiedelten Kultur-
staaten überhaupt nicht“. Aber „man muß das in weiterem Sinne
auffassen. ‚Neuland‘ umfaßt alle neuen Arbeitsmöglichkeiten, die
sich einem strebsamen, intelligenten und unternehmungslustigen
Arbeiter bieten, nicht nur mit dem Pfluge, sondern auch mit allen
anderen Werkzeugen, nicht nur in der Landwirtschaft, sondern
auch im Gewerbe, Handel, Verkehr, Kunst und Wissenschaft. Zahl-
los sind diese Möglichkeiten überall. ‚Unbebautes‘, vielversprechen-
des Terrain gibt es in Fülle für den, der zu sehen und zuzupacken
vermag“ (S. 133):
Gesetz der ursprünglichen Akkumulation: „Die Verschieden-
heit der Leistungen beruht auf unabänderlichen Tatsachen,
auf der verschiedenen Begabung der einzelnen Menschen“ (S. 196).
Daß zu Gewerbe, Handel, Verkehr, Kunst und Wissenschaft außer
der „Begabung“ auch noch Kapital gehört, scheint nicht in Be-
tracht zu kommen. Freilich verweist Arndt (S. 56) auf die
15,7 Millichen” Goldmark, die vor dem Kriege (1909) in den Spar-
kassen angesammelt waren. Er verweist selbst darauf, daß sie
„Millionen kleiner Sparer“ gehörten. Er gibt die Zahl nicht: es
waren am Schluß des Jahres 1911 21,2 Millionen Sparkassenbücher
vorhanden*), die sich auf ein Gesamtguthaben von 17,35 Milliener-
verteilten. Nehmen wir selbst an, was bereits Arndtscher Op-
timismus wäre, daß pro Kopf der deutschen Arbeiter der Durch-
schnitt, ca. 800 M., entfallen sei: so ist das doch kaum ein „Kapital“,
mit dem man in „Gewerbe, Handel und Verkehr“ etwas anfangen
‚oder sich die Vorbildung erwerben kann, die für „Kunst und
Wissenschaft“ erforderlich ist.
Hic jacet! Mit welcher unübertrefflichen Gründlichkeit Arndt
das Problem verfehlt, das ihm ‚gestellt ist, geht aus einem Satz
hervor, der unmittelbar an eine soeben zitierte Stelle anschließt:
„Dieselbe Kraft, die das Arbeitseinkommen der Selbständigen
hebt oder senkt, hebt oder senkt auch das Arbeitseinkommen der
Unselbständigen. Welches ist diese Kraft? ... Es ist in beiden
Fällen die Produktivität der Arbeit. Daß das Arbeitsein-
kommen des Bauern, des Handwerkers, des Fabrikanten, des Kauf-
a 1) Statist. Jahrb. f. d. Deutsche Reich, Jahrgang 1914, S. 304.