Full text: Der geistige Arbeiter in der gegenwärtigen Gesellschaft und Geschichtsepoche

charakteristische und viel zu wenig beobachtete Tatsache, daß in 
den letzten, sagen wir achtzig Jahren, durch den Kapitalismus 
das Studienwessen mehr umgewöälzt wurde als in vorangegan- 
genen Jahrhunderten. Bis dorthin war der Normaltyp der 
Studienanstalten Gymnasium und Universität, und die Univer- 
sität it ~ ihr Name universitas sagt es – die Summe aller 
Wissenschaft. Das hört nun auf. Neben die Universitäten treten 
Hochschulen in großer Zahl, technische Hochschulen als die ersten 
Rivalen, Bergbauhochschulen als eine Abart der technischen 
Hochschulen, landwirtschaftliche Hochschulen, kommerzielle 
Hochschulen und zum Schluß auch noch Kunsthochschulen. Wie 
neben die alte Hochschule treten auch neben die alte Mittelschule 
neue Typen, neben das Gymnasium die Realschule mit allen 
möglichen Zwischenbildungen und die Fachschule. Dazu kommt 
die ganz grandiose Erweiterung des Schulwesens im allge- 
meinen, vor allem andern die Ausgestaltung der Volksschule zu 
einer achtjährigen Pflichtschule des ganzen Volkes ~ ihr Durch- 
schnittsabsolvent überragt den gebildeten und besitzenden Durch- 
schnittsbürger des 18. Jahrhunderts an Wissen. 
Das hat nun folgende Wirkung. Sehen wir die studierte 
Welt alten Stils an, zuächsst die alte Lehrbureaukratie, die Ge- 
samtheit der Lehrpersonen von den Hochschulen bis zur Ele- 
mentarschule ~ einsichtige Hochschullehrer werden es verzeihen, 
daß ich sie mit ihrem nicht gewohnten aber wahren Namen als 
Lehrbureaukratie bezeichne ~ die Lehrbureaukratie ist ungeheuer 
ausgedehnt. Die Zahl der Lehrpersonen ist etwa zehnmal so groß 
wie 1848, in allen Stufen, insbesondere in den unteren Stufen. 
Die Juristen: Die Zahl der Advokaten und Notare wird Legion. 
Ich weiß nicht, wie es hier in Berlin ist, aber die Stadt Wien 
zählt, glaube ich, 1000 Advokaten, während sie sich früher mit 
60 bis 80 begnügt hat. Die Zahl der Mediziner wird ebenfalls 
ungeheuer groß. Die Zahl der öffentlichen Beamten vermehrt 
sich nicht nur dadurch, daß der Staat immer neue Aufgaben 
aufgreift, sondern auch dadurch, daß die anderen öffentlichen 
Körperschaften, die Gemeinden, die öffentlichen Anstalten und 
Korporationen große Heere von Beamten einzustellen sich ge- 
nötigt sehen. Das ist indessen alles noch altstudierte Welt, dazu 
kommt noch eine neustudierte. 
Da haben wir erstens für das Verkehrswesen die Unzahl 
Eisenbahnbeamten, Postbeamten, Telegraphenbeamten, Schiff-
	        
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