Full text: Forstwirtschafts-Politik

28 Ziele und Aufgaben. 
Rechnungsgrundlagen beanstandende Einwand noch keineswegs entkräftet. Denn man 
kann die Mängel einer Theorie nicht dadurch aus der Welt schaffen, daß man nachweist, 
daß eine andere Theorie die gleichen Mängel aufweist. Auch die Behauptung, daß sich 
in einem geordneten Forstbetrieb mit genauer Buchführung die Rechnungsgrundlagen 
von selbst ergäben, ist keineswegs stichhaltig, weil die hier in Rede stehenden Rechnungs- 
grundlagen, die Zukunftswerte, mit nichten aus der Buchführung herauszulesen sind. 
„Die leitende Idee jedes Wirtschaftsunternehmens, die höchste Verzinsung der in der 
Wirtschaft tätigen Kapitalien zu erzielen“, vermag die Bodenrentenlehre auch deshalb 
nicht zu verwirklichen, „weil sie einen Teil des Wirtschaftskapitals, den Holzvorrat, 
irrigerweise nicht als stehendes Anlagekapital der Wirtschaft, sondern als Betriebsfonds, 
von welchem sie eine im vorhinein bestimmte . . . Verzinsung verlangt, ansieht und 
denselben Hinsfuß auch für die Verzinsung ihres Anlagekapitals, des Waldbodens, 
vorschreibt!).“ 
Aber auch den Vertretern der Wal drententheorie (Sch if f el, O st wald), 
welche den Wa l d als stehendes Kapital der Forstwirtschaft ansehen, ist es bis jetzt nicht 
gelungen, für die Forstwirtschaft eine Methode der Rentabilitätsrechnung zu finden, die 
nicht großen Einwänden ausgesetzt wäre. 
Das gleiche gilt auch für die in mannigfachen Variationen vorliegenden Bil an - 
zierung s vorschläézge und den Versuch Wagners, den sogenannten „öko- 
nomischen Vorrat“ zu bestimmen. Auch das sind Versuche am untauglichen 
Objekt, die der Natur der Sache nach zu ewiger Unfruchtbarkeit verdammt sind, weil 
es schlechterdings unmöglich ist, den absoluten Wert des forsstwirtschaftlichen Anlage- 
kapitals rechnungsmäßig zu bestimmen. Man sollte doch derartige Versuche, ein un- 
lösbares Problem zu lösen, endlich ein- sür allemal aufgeben und sich bei dem Möglichen 
bescheiden. Man sollte sich, wenn man r ent abel wirtschaften will, damit begnügen, 
die marktgängigen Sortimente in dem Mischungs verhältnis 
zu erzeugen, welches der zu erwartenden Nachfrage am meisten 
entspr icht. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, weder praktisch noch theoretisch. 
Volkswirtschaftliche Aufgaben. 
Als volk s wirt s< a f t liche Auf g ab e der deutschen Forst- und Holzwirtschaft 
wird heute fast durchweg – auch von einem großen Teil der liberalistisch eingestellten 
Forstwirtschaftspolitiker ~ die bestmögliche Deckung des Bedarfs der 
deuts chen Volkswirtschaft an forstwirtschaftlih en Gütern 
angesehen. Der Verfasser schließt sich dieser Auffassung an, betont aber unter Hinweis 
auf seine grundsätzlichen Ausführungen in der Einleitung ausdrücklich, daß es sich hier um 
eine durchaus s u b j e k t i v e Auffassung über die Aufgaben der Forst- und Holzwirtschaft 
handelt, deren „Richtigkeit“ durch Wissenschaft nicht erwiesen werden kann, sondern einfach 
hingenommen werden muß. Die nachfolgenden Unt ersuchung en sind also, 
was ihren Aus gang s punk t und ihre Zielsetz ung anlangt, nicht das 
zwingende Ergebnis wisssenschaftlicher Erkennt nis. Wer die hier zum 
Ausgangspunkt genommene Zielsezung ablehnt, der wendet sich nicht gegen exakt-wissen- 
schaftliche Erkenntnis; erst derjenige, der diese Zielsezung annimmt, aber die hier in 
1) Schiffel, I. c., S. 9.
	        
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