Full text: Zur Psychologie des Anlernens und Einübens im Wirtschaftsleben

Die..Zeitaufnahme für die effektiv bei der Arbeit verbrauchte Zeit 
im Vergleich mit den Tagesleistungen ergaben, daß auch ‚beim lang; 
samen Nähen im ersten Stadium, wo die Maschine noch mit Absicht auf 
reduzierte Geschwindigkeit eingestellt war, es möglich gewesen wäre, 
statt. der nach den Akkordansätzen berechneten 20—50 Rappen bis zu 
drei Franken zu verdienen. Beim Nähen mit voller, normaler Maschi- 
nengeschwindigkeit wäre natürlich noch viel mehr zu erwarten gewesen, 
Dieser Punkt hat später eine besondere Behandlung erfahren. Immer. 
hin ist an dieser Stelle interessant, darzulegen, worin diese unerwartet 
geringen quantitativen Arbeitsleistungen begründet gewesen sein mögen, 
/ Inwiefern fehlt es an der Instruktion in der Nähschule, inwiefern rüh- 
ren sie von andern Faktoren her? 
Ueber das optimale Arbeitstempo: 
Eine Erklärung für die geringen Leistungen der Mädchen könnte in 
deren äußeren ökonomischen Verhältnissen und in entsprechender Ein- 
Stellung zum Verdienst gesucht werden. Sie waren meistens nicht selb- 
Ständig und mußten den ganzen Verdienst ihren Eltern abgeben. Darum 
War vielleicht der Ansporn zum Verdienen weniger groß, als wenn sie für 
ihre eigene Tasche gearbeitet hätten. Es ist natürlich schwierig, ‚mit 
Sicherheit festzustellen, ob und in welchem Umfang solche Motive im 
Spiele waren. Jedenfalls wäre für eine Erklärung auf dieser Basis auch 
mit dem persönlichen Ehrgeiz zu rechnen;. denn die Mädchen hätten 
ebensogut stolz sein können, sich durch ihre Leistungen.vor den andern 
auszuzeichnen, den Eltern mehr Verdienst heimzubringen U. 8: £... Geht 
man der Sache auf den Grund, so findet man näherliegende. Faktoren 
Wirksamer. Vor allem die allgemeine Einstellung zur. Arbeit, im Unter- 
Schied zu den mitgebrachten allgemeinen Gewöhnungen. Man. darf nicht 
vergessen, daß der Mensch von Natur aus nicht gewöhnt ist, stetig und 
kontinuierlich rasch zu arbeiten. Besonders in den jüngern Jahren ist 
Sin impulsives, variables Schaffen natürlicher, als die andauernde, sub- 
Jektiv weniger abwechslungsreich scheinende. Fabrikarbeit. 
„Aus der Beachtung dieses Umstandes ergibt sich, daß man die ‚er- 
Zeherische Aufgabe zur Steigerung der. Produktion. am „besten in zwei 
Perioden vor sich gehen läßt: 
. Erstlich muß die Geschwindigkeit den Schülerinnen als Tendenz, als 
Innerer Drang, ihr Arbeitstempo steigern zu wollen, beigebracht werden 
Nachher muß diese Tendenz im Betrieb zu einer festen Gewöh- 
nung des raschen Arbeitens ausentwickelt werden. . 
-'-Um die erste Aufgabe zu lösen, die Schaffung der Tendenz zum 
schen Arbeiten, erwies sich als zweckmäßig, schon bei den elemen- 
Aren Uebungen nach Schablonen, sobald hinsichtlich Exaktheit befrie- 
esende Ausführung erreicht: war, die gleichen Arbeiten durch die Schü- 
Innen mit wachsender bis maximaler. Geschwindigkeit wiederholen zu 
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