Full text: Grenzen in ihrer geographischen und politischen Bedeutung

die Sendlinge der Geisteswissenschaften bei ihrem Setzen ewiger 
Volksvermehrungsgrenzen im Fernen Osten Schiffbruch erlitten 
hatten, das flammt heute aus der südchinesischen Befreiungs- 
bewegung, dem Landarbeiteraufstand in dem unter 300 Men- 
schen Volksdruck auf dem Quadratkilometer stehenden Java 
und deu Selbstbestimmungswahlen in Indien empor. Hier also 
finden wir nichts Neues, als etwa abstruse Formen für alte, 
vom wirtschaftlichen Egoismus schon oft vorgebrachte Argu- 
mente. 
Aber neu sind wirklich bis zu einem gewissen Grade die 
Versuche von Montijn, geistes- und naturwissenschaftliche Er- 
kenntnis zu einem Zusammenwirken im Sinne von Grenzen zu 
vereinen, die nach der Vitalität verschiebbar sein sollen. An 
Stelle des Zusammendrückens von Innereuropa unter jedes er- 
trägliche Maß durch Zuschrauben der Sicherheitsventile, wie 
es heute geschieht (wobei eine Explosion der Grenzen früher 
oder später unvermeidlich ist), glaubt Montijn ein Verschieben 
aller europäischen Lebensformen nach Osten für eine Zukunfts- 
möglichkeit halten zu dürfen. Dabei würde ein weitgehendes 
Optierungsrecht und Minderheitenschutz die Härten mildern. 
Das wäre also eine Rückwanderung im entgegengesetzten Sinne 
der Völkerwanderung, wobei eben nur eine rein vernunftmäßige 
Rechnung alle unwägbaren Werte, die gerade das „Vertiefen 
in den Boden“ geschaffen hat, ausschaltet. Es soll danach jeder 
die Frage: Glaube oder Heimat? ganz nach Wahl entweder im 
Sinne des Festhaltens der Heimat, aber der Annahme fremder 
Herrschaft, oder des Optierens mit Auswanderung unter die 
nach Osten geschobene Flagge lösen können! Das setzt einen 
Grad von Rätionalismus voraus, wie ihn eben nur langjährige 
Beschäftigung mit dem neuamerikanischen Farmıyp, dem Draht 
als Einzäunung, dem Konservenbüchsenhaufen, dem Weiter- 
ziehen auf anderen Boden, wenn Raubbau den einen erschöpft 
hat, einzugeben vermag. 
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