Full text: Grenzen in ihrer geographischen und politischen Bedeutung

nenschußweite“ von wenigen hundert Metern auf heute 
128 km, doppelt — von Küste zu Gegenküste — auf 256 ge- 
steigert, sondern auch das Wachstum eines Industriegebietes, 
einer Großstadtgrenze. Deren Erfaßbarkeit darf doch die Wirt- 
schaftsgeographie sicher nicht der Wirtschaftskunde allein über- 
lassen, die schon gar nicht mit den kartographischen Werk- 
zeugen zu ihrer Erfassung ausgerüstet ist. 
Von solchen praktischen Fällen absehend, die uns die For- 
derung des Tages aufdrängt, können wir ja der Entwicklung 
der künstlichen Grenzen auch geschichtlich zustreben. 
Wir würden dann das außerordentlich frühe Auftreten mark- 
scheidender Rechte schon in der Sammel- und Frühkultur 
finden, wie sie sich heute noch beim Beeren- und Pilzesuchen, 
beim Lesen von Treibholz ausprägen. Ein rasches Aufsteigen 
erfolgt zu den sehr eingehend durchgebildeten Jagd- und 
Fischereigrenzen, den Weidegrenzen der Steppe mit ihren 
flüchtigen, dem dahingaloppierenden Nomaden dennoch so wohl 
erkennbaren Zeichen; den Marken innerhalb der Schutzwald- 
säume unserer Vorfahren, wie sie noch heute um afrikanische 
Staaten gezogen sind, die der Nichtjäger kaum bemerkt. Wald- 
bauernvolk sucht Schutzgrenzen, Nomadenvolk gern Ver- 
kehrsgrenzen auch bei künstlichen Grenzformen; uralte Ge- 
wöhnung drückt sich auch bei künstlicher Gestaltung noch 
aus! Wo sich der Gegensatz der Waldlandschaft zur Steppen- 
und Lößlandschaft mit dünnerem savannenartigen Baumbe- 
stand (Hart) rein erhalten hat, werden wir also am besten aus- 
geprägte Typen finden. Daneben gibt es Übergangsländer, in 
denen es außerordentlich schwierig ist, künstliche Grenzen mit 
wissenschaftlicher Rechtfertigung zu ziehen, wie wir sie für die 
romanisch-germanische Kulturgrenze untersucht fanden, wie 
es für die deutsch-polnische Kulturgrenze (737), die russisch- 
polnische, u. a. auch in der Curzon-Linie vor dem Vertrage von 
Riga (Skizze) geschehen ist, wie es H. Praesent in seinem „Rus- 
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