gerade laufende Kontinentalscheide von wissenschaftlicher
Kühle auf scharf abgestufte Küstenzutrittsfragen stößt, oder in
der Donauversickerungsfrage (788), die zeigt, wie die Natur un-
ausgesetzt durch fortwährendes Anzapfen eines aggressiven
Stromsystems mit tiefer Erosionsbasis gegen ein. müderes mit
hochgelegenem Lauf der Abflußrinnen Veränderungen er-
zwingt, selbst wo sie die menschlichen Lebensformen nicht
haben wollen.
Ein Kapitel für sich ist der völkerpsychologische Reiz der
Plateauränder als Grenzen, die sich vielfach auf der einen Seite
als den Horizont beschränkende Gebirge abzeichnen (Rand-
gebirge am Amur, Dekkan, Vogesen von der Rheinebene!) und
als willig anerkannte Landmark in die Volksseele eingraben,
auf der andern nur als Reiz wirken, als spielend in langsamer
Rampe, unmerklicher Steigung erreichbare Ränder, von denen
ein mühelos verlockender, von unten schwer zu verwehrender
Abstieg in reiche, vor begehrlichen Blicken ausgebreitete Täler
hinabweist. So wirkte vor allem die Wasgaugrenze auf die auf
seiner Höhe stehenden Franzosen (789), was man auf deutscher
Seite so völlig verkannte. So wirkt der Tiefblick auf Peking
von den Bergen über Nankau, auch der von den Südhängen
der Alpen auf die Po-Landschaft, „die fette lombardische
Ebene“, die schon in Napoleons I. Proklamation an die Armee
von Italien eine solche Reizrolle spielt.
Ausrichtiger Erkenntnis dieser Reizgefahr hatdasdritteItalien
so nachdrücklich die Theorie der Wasserscheiden nach Norden
verfochten, die verfängliche Grenze vom Isonzo hinauf ins Unwirt-
liche, von den Vorbergen Südtirols auf Brenner und Malser Heide
verlegt und wünscht sie auch weiter westlich so zu verlegen.
Schon aus den Erinnerungen Babers, des großen Eroberers des
Mogul-Kaisertums von Delhi (z9o) wissen wir, welchen gefähr-
lichen Reiz der Tiefblick auf das Industal für arme, aber wehr-
hafte Bergvölker hat, die von den Grenzhöhen hinabschauen,
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