gliederungsgrenzen (Penck), die alte Kulturräume vor ihnen
schützen sollten und manchmal auch tatsächlich Jahrhunderte
hindurch schützten, wie die römische Rhein- und Donaugrenze,
der Siedlungs- und Wehrsaum der chinesischen Mauer, die
Greunzbauten Indiens im Nordwesten, so daß der Strom in ganz
andere Fluren, am anderen Ende Eurasiens hineinbrach. Aber
der großartige Gegenrhythmus von Grenzüberschreitung und
Grenzverwahrung, der die Geschichte der Alten Welt mit ihrem
wirkungsvollsten Dauerleitmotiv versieht, nimmt vielleicht
doch seinen Ursprung aus dem Gegensatz zwischen dem grenz-
überschreitenden Viehzüchter, dem Nomaden oder Halb-
nomaden, dem naturgemäßen Vertreter des freien Weiderechts,
und zwischen dem seßhaften Ackerbauer, dem Schöpfer der
Kleingrenze, des geackerten Rains, der festen Zelle (z93). Ein-
zelne natürliche Einheitslandschaften sehen wir mit einer
solchen Zellenfestigkeit durchgebaut, gerade nach dem Prinzip
der Wasserscheidengrenzen, daß sie kaum überrennbar sind
und — dennoch überschwemmt — immer wieder formtreu
emportauchen,
Japan mit seinem Aufbau aus lauter kleinen Flußein-
zugsgebieten, hydrographischen Einheiten, Teile der Schweiz,
besonders auch Graubündens, Teile Thüringens, überhaupt
der alten Germanengaue, sind nach diesem Prinzip gebaut,
dem nur als Gegengewicht irgendeine große zusammenfassende
Note sich hinzugesellen muß, wie in Japan das die ganze Lebens-
form umspannende Meer: sonst werden solche Landschaften,
die Grenze allzu dicht vor der Nase, vom Schatten des eigenen
Kirchturms überdeckt, leicht was der Brite „pennywise but
poundfoolish“ nennt, hinter ihren allzu sehr in Enge ab-
schließenden Riegeln, in ihrer „Verkastelung“ (emboitement),
wie einmal ein kluger Franzose von Deutschland sagte.
Diese Gefahr laufen besonders die Paßstaaten, und darum
sei ihnen eine eigene kurze Betrachtung an dieser Stelle ge-
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