„Alles was ist, darum, ın keinem Raume der Wegfahrt ist es
begrenzt.“ So könnte ich als Ergebnis der Empirie nur die Be-
griffsfeststellung (Definition) von der Grenze geben: als „peri-
pherisches Organ“ — wie die Haut — als umschließende, sich
„herumtragende“ und spannende, aber selbst lebende, leben-
erfüllte, aus Lebensformen zusammengesetzte Schutzhülle einer
von Einheitswillen erfüllten Lebensform. Gewiß kann sie auch
als Abschluß eines Lebensraums gegen andere angesehen
werden; aber nur so weit, als sie eben durch Zusammenfallen
möglichst vieler naturentlehnter Grenzen verwandte Lebens-
erscheinungen zugleich von andern abscheidet und als solche
Scheide haltbarer wird.
Wir erkennen ohne weiteres, daß solche Bildungen nicht nur
zweidimensional sind, sondern daß wir auch Höhen- und
Tiefengrenzen an Grenzkörpern der Biosphäre anerkennen
müssen. Das wäre einleuchtend, auch wenn wir nicht eine der
feinsten, vorbildlichen Untersuchungen von F. Ratzel: „Höhen-
grenzen und Höhengürtel“ als praktischen Beweis dafür hät-
ten (9).
Darin findet sich, daß die Tierweltgrenze z. B. von 6000 m
unter dem Meeresspiegel bis 8000 m (Flughöhe) darüber reicht,
gegen 400 und 6000 der Vegetationsgrenze, daß also Tierwelt-
grenzen vertikal doppelt so weit sind als solche der Pflanzen.
Es ist aber tatsächlich wie beim naturentlehnten, so auch
beim kulturgeographischen und politischen, wie wirtschaft-
lichen Grenzbegriff ein hoher Grad von Übersteigerung der
Wahrnehmungen empirischer Herkunft, wie der philosophi-
schen Vertiefung nötig, wenn wir seine Proteusnatur fassen und
in ihrer ganzen Bedeutung für jede Lebensform die „Gänze“
ihrer Haut herausstellen wollen. Das ist aber notwendig; wir
müssen vor allem zwischen einer immer vom Leben überholten
Statik der Grenze und ihrer in der Wirklichkeit des Lebens
vorwiegenden Dynamik unterscheiden lernen.
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