Full text: Grenzen in ihrer geographischen und politischen Bedeutung

der Wiener statistischen Schule klarzumachen, wie sie etwa das 
Statistische Seminar über Bevölkerungs-, Wirtschafts- und Kul- 
turfragen des Grenzlanddeutschtums an der Wiener Universität 
(Dr. W. Winkler) anwendet und wie sie aus Emanuel Czubers 
„Statistischen Forschungsmethoden“, Wien 1921, hervorgehen, 
und daß beide Extreme für den Forscher über das Wesen der 
Grenze wichtig sind. Oder man möge sich vorstellen, welcher 
Sprung von einer Erfassungsmethode, wie sie völkerpsycho- 
logisch etwa Stefan Zweig in seinen „Drei Meistern“ für die 
Unterschiede britischer, französischer und russischer Selbst- 
darstellung anwendet, zu einem Zahlenvergleich des britischen, 
deutschen, französischen, russischen Menschen, ihren Indices 
führt. Das eine wie das andere Verfahren aber, allein ange- 
wandt, führt mit einer falschen Konzeption der Typen not- 
wendig auch zu einer falschen Auffassung ihrer Abgrenzungen. 
Man sieht daraus auch ohne weiteres, wie unmöglich es ist, 
für richtige erzieherische Museumswirkung in der Völkerkunde 
die Kunst der Völker von ihren anderen Lebenserscheinungen 
zu trennen. Der Grundsatz „L’art pour l’art“ ist in diesem 
Falle genau so falsch wie die Zahlenwut und die Idee, nur 
Massen und Zahlen sehen zu wollen. 
Wir können also philosophische, soziologische und statistische 
Erfassungswege gegenüber dem Grenzbegriff nicht auseinander- 
halten, sondern müssen sie alle bis zu einigermaßen zusammen- 
legbaren Ergebnissen verfolgen können. Wir empfinden daher 
bei einer der wichtigsten empirischen Tätigkeiten für die Er- 
haltung unseres, wie jedes andern Volkstums auf der Erde eine 
allzu haarscharfe und haarspaltende Ressorttrennung und Fakul- 
tätssonderung als mehr denn ein Hindernis, als eine der größten 
Gefahren! Lehrt uns Wagner (I S. 825), klare Außengrenzen ge- 
rade als praktischer und zeichnender Geograph fordernd, „klare 
Außengrenzen als Erscheinungsformen fortgeschrittener Zu- 
stände“ sehen, so steht er damit doch unter dem Eindruck einer 
2 Haushofer, Grenzen 
17
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.