zur Erdumspannung erweiterten Kulturkreises. Ihn haben wir,
neben den Zeugen unserer eigenen Vergangenheit, wohl am
meisten vor Augen, wenn wir der schon berührten Vergäng-
lichkeit der Grenze in der Geschichte gedenken. Wie manche
naturentlehnte Grenzform — als Birg, Grenzwall, Schanzenreihe
heute noch erhalten — wird nach dem bekannten Schlüssel „aut
Caesar aut Diabolus“ entweder als Römer- oder Teufelsmauer
einer dieser beiden grenzziehenden Autoritäten zugeschrieben,
soweit nicht die Schweden in den katholischen Teilen Deutsch-
lands subsidiär an Stelle beider treten. Da, wo das hellenistische
an das islamische und indische Kulturgebiet stößt — auch in
einer der am meisten runenübersäten, kulturgezeichneten Grenz-
landschaften der alten Welt —, da sehen wir Alexander den
Großen, den Wegbahner neuer Weltgeschichte [Jullundur, Is-
kender] eine ähnliche Rolle spielen wie Caesar im Westen. Für
den chinesischen Kultur- und Volksboden tritt der rücksichts-
lose Bücher- und Gelehrtenverbrenner Shi-Hwang-Ti, der Ur-
heber der Großen Mauer, als Grenzschöpfer auf. Über deutsche
Kulturmarken und Restzeugen einer großen vergangenen Aus-
breitung ist ein abschließendes Werk noch nicht erschienen,
das so heterogene Grenzmarken, wie entfremdete Ordensburgen
oder Hochschulen, unsere verbrannten oder geraubten deutschen
Schauburgen im Osten, in Prag, Riga, Pest, mit den Sturm-
glocken von Gent, dem Reichsadler des Rotbarts auf St. Tro-
phime in Arles, den Stationsbauten unserer Kolonien, den Wap-
pensteinen des Großen Kurfürsten an der Guineaküste, und den
deutschbürtigen Namen Englands, Frankreichs, Andalusiens,
der Lombardei, der Gotik und sonstigem Zeugnis deutscher
Dichtung, Kunst und Sage in verlorenem Grenzgrund auf einen
Nenner brächte. Es fehlt hier ein großer Zusammenbau unter
einem großen Namen, wie auch die Fremdspuren auf deutschem
Kultur- und Volksboden wohl längst in allen Einzelheiten er-
forscht, aber noch nicht zu einer großen Synthese vereinigt sind:
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