Full text: Grenzen in ihrer geographischen und politischen Bedeutung

1805, beim spätherbstlichen Einmarsch in die schwäbisch- 
bayrische Hochebene über deren Unwirtlichkeit klagende Briefe 
nach Hause, die uns die beliebtesten Sommerfrischen des nor- 
dischen Menschen von heute kaum wieder erkennen lassen. 
Statt des Lorbeers und anderer Immergrüner bot die Stechpalme, 
die Fichte, die Eibe kärglichen Ersatz für den mittelländischen, 
romanischen Menschen. 
Der malaio-polynesische Einschlag im Japaner schreckt bei 
Wanderungen nordwärts zurück, wo seine gewohnten Begleit- 
pflanzen, Reis, Teestrauch, Bambus nicht mehr gedeihen, ob- 
wohl alle drei erst aus dem südchinesisch-malaiischen Kultur- 
bereich später in die früher vielmehr nordische japanische Pflan- 
zenwelt der Stamminseln eingewandert sind. Heute noch fallen 
gemeinsame Verbreitungen auf, wie die Grenzgemeinschaft 
pontischer, tschechischer Siedler mit gewissen xerophilen Pflan- 
zen, der Ungarn mit Steppenheide, der Romanen mit der Edel- 
kastanie, der Japaner mit Reis, Bambus, Tee, der Südchinesen 
mit dem Reis, der Nordchinesen mit der Hirse, der Quichua- 
kultur mit Mais, Kartoffel, Kakao, wie sie schon den Leuten des 
Pizarro auffiel. Diese Vorkommen aber sind wieder an gewisse 
Niederschlagsmengen und ihre Grenzen gebunden. 
So wirkt sich auch bei der Grenzauffassung eine freilich in 
dieser apodiktischen Form zu weitgehende Äußerung von 
Hann aus: „Jede Landfläche ist soviel wert, als sie Nieder- 
schläge empfängt.“ Tatsächlich begründet das Verhältnis zum 
Wasserbedarf, ihre frühe Erziehung zu Wasserverschwendern 
oder Wassersparern, in hohem Maße die Einstellung der Men- 
schen zur Grenze, im besondern zur Abgrenzung durch eine der 
häufigsten naturentlehnten weil sinnfälligsten Grenzen: dem 
Wasserlauf. 
Das reichlich fließende oder sparsam bemessene köstliche 
Naß bildet sie. Uralte Menschheitserinnerung mag in den 
häufigen, zähen und langwierigen Kämpfen um Wasser und 
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