Full text: Die Systeme im neuzeitlichen deutschen Genossenschaftswesen, ihre Entstehung und ihr gegenwärtiger Stand

Erster Abschnitt. Die Entwicklung des Systems bis zu Raiffeisens Tode. 91 
System zeigt keine besonderen Merkmale. Sie sind rein wirtschaft- 
liche Unternehmungen. Besondere gemeinnützige oder charitative 
Aufgaben sind ihnen weder satzungmäßig noch sonst gestellt. In- 
soweit unterscheiden sie sich grundsätzlich und entscheidend von den 
Darlehenskassenvereinen. Es ist deshalb nicht auffallend, daß die 
treuesten Vertreter der Raiffeisenschen Genossenschaftsethik die 
Betriebsgenossenschaften dauernd mehr als Fremdkörper angesehen 
haben und daß sich die Betriebsgenossenschaften innerhalb der 
Raiffeisenorganisation nur schrittweise eine gewisse Gleichberech- 
tigung errungen haben. Die Raiffeisenorganisation muß auch darauf 
bedacht sein, daß sie den Darlehenskassenvereinen für immer den 
entscheidenden Einfluß sichert. Die Besonderheiten des Raiffeisen- 
tums beruhen auf dem Darlehenskassenverein. In dem Augenblick, 
in welchem die anderen Genossenschaften die Oberhand erringen 
würden, wäre das Raiffeisentum in seinen Besonderheiten gefährdet 
oder gar erledigt. 
3, Kapitel. 
Die Zentralisation. 
Im Gegensatz zu Schulze-Delitzsch hat Raiffeisen die Zentrali- 
sation im Genossenschaftswesen und die Schaffung von wirtschaft- 
lichen Zentralstellen für zweckmäßig und notwendig erachtet. Er 
ist damit zum Pfadfinder auf dem Gebiete der Zentralisation, zum 
Gründer der ersten genossenschaftlichen Zentralkasse geworden. 
Seine ersten Gründungen scheiterten an der nach dem damaligen 
Rechtszustande bestehenden Unmöglichkeit, Genossenschaften aus 
Genossenschaften zu bilden. Die Änderung der Gesetzgebung hat 
er nicht mehr erlebt. Für seine Zentralkasse hat er schließlich die 
Rechtsform der Aktiengesellschaft gewählt, bei welcher die Aktionäre 
im wesentlichen nur Genossenschaften oder genossenschaftliche Unter- 
nehmungen sein können. Zur Gründung einer genossenschaftlichen 
Zentralstelle für den sogenannten Warenverkehr ist er nicht mehr 
gekommen. Daß Raiffeisen dem Prinzip der wirtschaftlichen Zen- 
tralisation ergeben war, ist hiernach zweifellos. Er hat auch sonst 
für seine Darlehenskassenvereine hinsichtlich der Beratung und Be- 
treuung in viel weitergehendem Maße gesorgt, als es Schulze für 
notwendig oder zulässig erachtete. Dabei ist bedeutungsvoll, daß 
ursprünglich Träger dieser Fürsorgetätigkeit die Zentralkasse war, 
daß der Verband erst nachher, veranlaßt durch äußere Einflüsse, nach
	        
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