Dritter Teil. Systemfragen der deutschen landwirtschaftl. Genossenschaften. 127
ausgeführt ist. Beide Verbände haben sich auch in gleicher Weise ab-
lehnend verhalten gegenüber den Versuchen, sie in Abhängigkeit zu
bringen von den wirtschaftspolitischen Zusammenschlüssen der Land-
wirtschaft, den Landbünden und den Bauernvereinen. Daraus haben
sich namentlich im letzten Jahrzehnt mancherlei Auseinandersetzungen
innerhalb der landwirtschaftlichen Körperschaften ergeben. Die beiden
ländlichen Genossenschaftsverbände haben es dabei ständig abgelehnt,
sich in die wirtschaftspolitischen und politischen Kämpfe hineinziehen
zu lassen. Daraus hat sich namentlich für den Reichslandbund das
Bestreben entwickelt, sich in Konkurrenz gegenüber den alten Genos-
senschaftsverbänden eine neu zu schaffende Genossenschaftsorgani-
sation anzugliedern, deren Erfolge beute noch nicht endgültig zu über-
sehen sind. Neue Systemgedanken in genossenschaftstechnischer Hin-
sicht sind dabei nicht in die Erscheinung getreten. Neu war nur der
Gedanke, das ländliche Genossenschaftswesen zu politisieren.
Insgesamt betrachtet, hat sich die Entwicklung des Reichsverbandes
als solchen weit ruhiger vollzogen als die Entwicklung des General-
verbandes. Dies ist auch ganz folgerichtig entsprechend den geringeren
Zielen, welche der Zentralorganisation der Offenbacher Richtung ge-
steckt sind. Besteht als zentrale Organisation lediglich ein Verband
als Interessenvertretung, so sind alle geschäftlichen Risiken in die
anderen Stellen gelegt und die Zentrale als solche bleibt von Erschütte-
rungen frei; diese treten bei den territorialen Stellen auf. Als aber
Haas seine Versuche in zentralistischer Hinsicht machte, wurde er im
Stiche gelassen und auch seine Schöpfung dem Untergange preis-
gegeben. Mag immerhin der Reichsverband gepriesen werden als der
nach der Zahl der Genossenschaften größte Spitzenverband, mag es
vom Standpunkt der territorialen Stellen angenehm empfunden wer-
den, daß ihnen die Zentrale nichts zu sagen hat: zu großen Leistungen
im Sinne des Zusammenhalts hat sich die Reichsverbandsorganisation
nicht aufschwingen können. Dazu ist ihr Unterbau zu verschiedenartig
und die Zusammenfassung zu lose. Sie stellt keine Zusammenfassung
wirtschaftlicher Kräfte dar. Die Bildung eines einheitlichen Willens
ist schwer. Auch als die Haassche Gründung in Not geriet, konnte ein
einheitliches Handeln nicht erreicht werden.