Full text: Der mitteldeutsche Industriebezirk

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wollindustrie eine nicht unbedeutende Verbreitung gewonnen, so 
daß man doch wohl von einem zusammenhängenden Gebiete sprechen 
kann. Außerhalb dieses eben gekennzeichneten Verbreitungsge- 
bietes sind nur wenige Baumwollindustriebetriebe zu finden. Zu 
nennen wären vor allem noch Leipzig und Langensalza - Mühl- 
hausen - Nordhausen, wo immerhin noch je einige Tausend Arbeiter 
in der Baumwollindustrie beschäftigt werden; in Halle und im 
Altenburger Kreise sind es dagegen nur wenige Hundert. 
Charakteristisch für die mitteldeutsche Baumwollindustrie ist 
ihre unendliche Vielseitigkeit nach jeder Richtung hin. Die Spinne- 
reien, um bei der ersten Produktionsstufe anzufangen, stellen Garne 
aller Nummern her, vom gröbsten bis zum feinsten; selbst inner- 
halb der einzelnen Betriebe werden oft mehrere Dutzende ver- 
schiedener Nummern verfertigt. Im ganzen treten allerdings die 
feineren gegenüber den mittleren und gröberen Nummern zurück. 
Trotz ihrer Vielseitigkeit vermag die mitteldeutsche Baumwollspin- 
nerei indessen nicht alle erforderlichen Sorten an Garnen zu liefern, 
so daß eine nicht unerhebliche Einfuhr an Garnen, namentlich aus 
England, stattfindet. Vor allem zeigt sich die Vielseitigkeit aber bei 
der Weberei. Die Liste ist noch längst nicht vollständig, wenn als 
Erzeugnisse der mitteldeutschen Baumwollweberei etwa angeführt 
werden: Damen- und Herrenkleiderstoffe, sog. Hosenstoffe, Futter- 
stoffe, Hemdentuch, Barchent, Damast, Flanell, Zephir, Satin, Inlett, 
Kongreßstoffe, Madras, Tüllstoffe usw. usw. Daß die Herstellung 
einer so großen Zahl verschiedener Stoffarten, wie sie eben auf- 
gezählt worden sind, nur dadurch möglich ist, daß auch die Färberei 
und Appretur einen hohen Grad der Vollendung, insbesondere der 
Vielseitigkeit, aufzuweisen haben, bedarf einer besonderen Erklärung 
wohl nicht. Es mag allerdings fraglich erscheinen, ob diese Viel- 
seitigkeit der Produktion auf die Dauer gegenüber der ausländischen 
Konkurrenz wird aufrecht erhalten werden können. Vielfach geht 
die Meinung Sachverständiger vielmehr dahin, daß angesichts des 
Erstarkens der Baumwollindustrie in vielen bislang industriell rück- 
ständigen Ländern und des in mancher Hinsicht ungünstigen Stand- 
orts der mitteldeutschen Baumwollindustrie deren Zukunft vor allem 
in der Herstellung besserer Qualitätsware liegen wird, bei der ein- 
mal die Ungunst der transporttechnischen Lage Mitteldeutschlands 
nicht so sehr ins Gewicht fällt, und zum anderen der Vorsprung, 
der in der alten Vertrautheit sowohl der Arbeitgeber wie der 
Arbeitnehmer mit dem Produktionsprozeß liegt, nicht so schnell 
eingeholt werden kann.
	        
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