Full text: Psychologie der Werbung

druck für die Tatsache, daß unsere Ansichten und Meinungen 
in weitem Umfang von unseren Wünschen abhängen. Auch 
zwischen Selbsteinstellung und Fremdeinstellung kann man 
unterscheiden. Wenn sich jemand willkürlich so einstellt, daß er 
aus Metronomschlägen einen Dreivierteltakt heraushört, so liegt 
Selbsteinstellung vor. Bei dem Versuch mit dem 'Zurufen von 
sinnlosen Gebilden, wo die Einstellung durch den Versuchsleiter 
bewerkstelligt wird, handelt es sich um Fremdeinstellung. 
Sehr wichtig für uns ist die Tatsache, daß die Antworten der 
Menschen auf Fragen keineswegs nur von den Tatbeständen ab- 
hängen, auf welche sich die Antworten beziehen, sondern daß sie 
(auch unter der Voraussetzung des besten Willens des Antworten- 
den) durch die Fragestellung selbst beeinflußt werden, daß die 
Menschen also durch bestimmte Fragen auf bestimmte Antwor- 
ten eingestellt werden. Im Jahre 1918 zeigte ich einem größeren 
Auditorium, das aus lauter praktischen Juristen bestand, eine 
halbe Minute lang die Projektion eines Gemäldes, das (im ganzen 
Hörsaal deutlich sichtbar) vier Personen darstellte, die in einer 
Gartenlaube an einem Tisch saßen. Zehn Minuten später stellte 
ich an das Auditorium zum Zweck späterer Behandlung im 
Unterricht allerlei Fragen, die schriftlich beantwortet werden 
mußten, darunter die Frage: an welcher Stelle des Tisches steht 
der Blumenstrauß? 29 % der 218 Zuhörer bezeichneten nun eine 
bestimmte Stelle, an. welcher sie den Blumenstrauß gesehen haben 
wollten. Die meisten (66 %) erklärten, sie hätten ihn nicht ge- 
sehen und nur fünf sagten (was der Wahrheit entsprach) aus, 
daß kein Blumenstrauß vorhanden war. Die 29 % falschen Aus- 
sagen und vielleicht auch ein Teil der 66 % unsicheren Angaben 
waren hier durch die Fragestellung veranlaßt!). Sehr interessant 
ist es, daß nach dem Vortrag, in welchem ich über die Antworten 
auf meine Fragen sprach, ein Hörer zu mir kam und mir ver- 
*) Vgl. K. Marbe, Grundzüge der forensischen Psychologie. München 
1913. 8. 115 ff. 
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