Full text: Rationalisierung und Wirtschaftlichkeit in der Kali-Industrie

Die durch wüste Spekulation hervorgerufene Überproduktion an Kali- 
werken drohte eine furchtbare Krise in der Kali-Industrie hervorzurufen. Der 
Staat mußte durch das „Gesetz über den Absatz von Kalisalzen* vom 28. Mai 
1910, welches die Zw an g s s y n dizierung d er Kali-Industrie 
brachte, helfend eingreifen. 
Bei den Beratungen zu diesem Gesetentwurs im Reichstag ist haupt- 
sächlich von der sozialdemokratischen Fraktion schon damals darauf hingewiesen 
worden, daß viel zuvi el Ka liw e r k e vorhanden seien, und daß im Gesetz 
Maßnahmen getroffen werden müßten, die eine weitere Errichtung von Kali- 
werken verhindern. Auch der bürgerliche Abgeordnete G ot h ein hat schon 
damals festgestell, d a z 30 Kaliw erke gen üg en, um d en g e sa mk en 
W eltbedarf an Kalisalzen zu d e < e n. Ein Jahr später, im Jahre 
1911, finden wir die Ausführungen Gotheins in einem Geschäftsbericht der 
Ascherslebener Kaliw erk e bestätigt. Es heißt dort u. a. wörtlich: 
« + . . . Selbst wenn man berücksichtigt, daß der Absatz des Jahres 1911 um 
rund 800 000 Doppelzentner reines Kali gegen 1910 gestiegen ist und man auch für 
die Zukunst mit einer weiteren Absatzssteigerung rechnet, so würden doch auf 
absehbare Zeit zirka ze h n lei stung s fähig e Do pp e lw erke, also zirka 
30 Sch achtanla g en, leicht genügen, um den. gesamten Kali- 
bed arf der ganzen Welt zu d ecken. Anstatt dessen besitzen wir 
heute mehr als das Dreifache an Schächten in der Kali- 
In dustrie, für deren Anlage über. eine. Milliarde Martt 
angewendet sein dürften, währ end derselbe Erf olg mit einem 
Auf wande von vielleicht der Hälfte d er Summe hätte erreicht 
werden können. Die Millionen, die jett unnötigerweise für neue Schacht- 
anlagen verausgabt werden, könnten anderen wirtschaftlich wichtigen Aufgaben 
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arbeiten geleistet sind, vielleicht nie in Betrieb genommen 
b z w. in ihret vollen Leistungsfähigkeit hetrieben w erden. So 
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Danach hätten also zirka 30 Werke einen Absatz von durchschnittlich zehn 
Millionen Doppelzentner schon damals bewältigen können. Sonderbarerweisse 
waren aber vor einigen Jahren noch Kali-Industrielle der Ansicht, daß die Zeit 
gar nicht mehr so fern sei, wo die jet vorhandenen Werke für die Belieferung 
des Weltbedarfs nicht mehr ausreichen würden. Diese Industriellen dürften 
ihre Ansicht darüber in der letzten Zeit sehr gründlich geändert haben. 
Bei der Kaligesetgebung im Jahre 1910 waren dem Kalisyndikat 62 förder- 
fähige Werke angeschlossen und zirka 35 im- Abkeufen begriffen. Durch im 
Gesetz vorgesehenen Zwang mußte jedes neu entstehende Werk dem Syndikat 
beitreten, wodurch den Werken von vornherein ein bestimmter Anteil am 
Absatz gesichert war. Mit der stetigen Zunahme der Werke hielt der Absatz 
nicht gleichen Schritt, so daß der durchschnittliche Absatz des einzelnen Werkes 
immer geringer wurde. Die technischen Anlagen auf den älteren Werken 
konnten nicht ausgenutzt werden, was zur Verteuerung der Produkttion führte. 
Wenn einzelne Firmen die Anlagen des zuerst geteuften Werkes voll aus- 
nutzen wollten, waren sie gezwungen, den Weg zu beschreiten, der im Geschäfts- 
bericht der Kaliwerke Aschersleben gezeigt wurde: Sie errichteten 
üb erflüssige W erke. 
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