Full text: Wirtschaftspolitische Tagesfragen

durchschnittlichen Wertes betragen. Das 
klingt an sich sehr einfach und würde auch 
relativ einfach durchzuführen sein, wenn 
wir überall ein Wertzollsystem hätten. Dann 
brauchte man nur die Methoden, nach dem 
die Werte ermittelt werden, die heute noch 
in den verschiedenen Ländern verschieden 
sind, zu —vereinheitlichen, was nicht 
schwierig sein würde, und zugleich die Wert- 
zölle, soweit erforderlich, auf den verein: 
barten Höchstsatz zu senken. Aber so ein: 
fach ist es bei dem System der spezifischen 
Zölle nicht. Hier ist es sogar außerordent- 
lich schwierig, wenn nicht unmöglich. Es 
ist schlechterdings nicht möglich, nach ob- 
jektiven Gesichtspunkten den durchschnitt: 
lichen Wert einer Ware festzustellen. Man 
kann ihn auf Grund der Statistik, die an sich 
den durchschnittlichen Wert angibt, nicht 
feststellen, weil das Ergebnis der Statistik 
sehr stark von der Höhe des Zolles ab- 
hängig ist. Ein Beispiel: Nehmen wir eine 
beliebige Zollposition, die eine große Menge 
verschiedener, teils hochwertiger, teils 
geringwertiger Waren umfaßt — und das 
ist bei den meisten Zollpositionen der Fall 
—, SO kann ein niedriger spezifischer Zoll 
auch von geringwertigen, ein hoher Zoll 
aber nur von hochwertigen Warenarten 
übersprungen werden. Der statistisch allein 
erfaßbare Durchschnittswert der tatsäch- 
lich zur Einfuhr gelangenden Waren muß 
also um so höher sein, je höher der Zoll ist. 
Das System würde also dazu führen, daß 
in den Ländern, wo die Zölle außerordent- 
lich hoch sind, die wertmäßige Belastung 
der Waren verhältnismäßig gering er; 
scheinen würde, während sie verhältnis: 
mäßig hoch in den Ländern mit geringeren 
Zöllen erscheinen würde. Hieraus müssen 
sich in der Praxis ständige Streitigkeiten 
zwischen den beteiligten Staaten ergeben. 
Riedl will die sich hieraus ergebenden 
Schwierigkeiten im Wege späterer pluri- 
lateraler Verhandlungen beseitigt wissen. 
Aber würde das nicht auf Tarifverhandlun- 
gen gewissermaßen mit umgekehrten Vor- 
zeichen hinauslaufen, bei denen die Zuge- 
ständnisse nicht in der Ermäßigung der den 
Gegner interessierenden als vielleicht mehr 
in der Anerkennung der ihn nicht inter; 
essierenden Zollsätze liegen würde? Ich 
glaube nicht, daß dies als eine Bereicherung 
des Systems der Handelsverträge angesehen 
werden könnte. 
Ein dritter Vorschlag ist noch gemacht 
worden, derjenige einer allgemeinen pro- 
zentualen Absenkung aller Zölle. Man 
könnte sich das so denken: die Zölle wer: 
den zunächst auf das Zollniveau zurück: 
geführt, das an irgendeinem Stichtag bez 
standen hat, und dann werden diese Zölle, 
sinerlei, ob Vertragszölle oder autonome 
Zölle von einem bestimmten in der Zukunft 
jegenden Stichtage ab um 10 oder 20 Pro- 
zent ihres Betrages ermäßigt. Das ist 
zweifellos technisch außerordentlich ein- 
“ach. Es kann sich da kaum ein Streit in 
der praktischen Durchführung ergeben. 
Aber es erhebt sich die sehr große Frage: 
wie würde eine derartige allgemeine Sen: 
kung des Zollniveaus auf die Ausweitungs- 
möglichkeit des Welthandels wirken? Ist 
es das gleiche, wenn ein relativ niedriger 
Zoll und wenn ein außerordentlich hoher 
Zoll um 10 Prozent ermäßigt wird? Man 
wird im allgemeinen sagen müssen, wenn 
sin prohibitiver Zoll um 10 Prozent er- 
mäßigt wird, dann ist die 10 prozentige Er- 
näßigung uninteressant, solange dadurch 
der Zoll nicht aufhört, prohibitiv zu sein. 
Man wird die praktischen Auswirkungen 
dieses Plans noch weiter studieren müssen, 
ehe man ein Bild davon gewinnen kann, ob 
die vorgeschlagene arithmetische Gleich: 
heit der wechselseitigen Zollzugeständnisse 
auch in ihren wirtschaftlichen Auswirkun- 
gen zu einer einigermaßen gleichmäßigen 
Ausweitung der _Handelsmöglichkeiten 
führt. 
Inzwischen ist noch ein vierter Ge- 
danke aufgetaucht, der sich an die guten 
Erfolge anschließt, die man bei der Beseiti: 
zung der Ausfuhrverbote für Häute und 
Felle und Knochen erlangt hat. Da ist man, 
wie ich schon darlegte, durch eine fachliche 
Erörterung einen Schritt weiter gekommen. 
Kann man nicht in ähnlicher Weise auch 
über Einfuhrzölle einmal fachgruppenweise 
sprechen? Wenn man sich über die Aus- 
{uhr von Häuten und Fellen’ verständigen 
kann, kann man sich vielleicht auch über 
die Einfuhr von Leder verständigen. Kann 
man nicht vielleicht auf dem Gebiete des 
Holzes, wo ein Nebeneinander besteht von 
Ausfuhrabgaben auf Rohholz, die viele Holz 
produzierende Länder erheben, und Ein- 
fuhrzöllen auf Schnittholz, die viele Import- 
‚änder erheben, eine einfachere und den 
Außenhandel weniger belastende Regelung 
finden? Kann man nicht bei Produkten, 
die international kartelliert sind, überall 
gleichmäßig auf den Zollschutz verzichten? 
Die Erörterung dieser Fragen befindet sich 
aoch sehr im Anfangsstadium, aber es be- 
steht im Wirtschaftsausschuß des Völker: 
bdundes viel Meinung dafür, diesen Weg ein- 
mal bei einzelnen Fachgebieten zu erproben. 
Nun begegnet es mir jedesmal, wenn 
ich etwas von der wirtschaftlichen Arbeit
	        
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