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Handel zu treiben«!l, Das ist alles, was bei List an sachlichen
Argumenten für seinen Satz, daß die Völker desto reicher und
mächtiger werden, je mehr sie Manufakte exportieren, Lebens-
mittel und Materialien importieren, sich findet; alles, was er
beibringt für sein Industriestaatsideal. Doch mit wenigen Worten
läßt sich seine Versäumnis gutmachen,
Weshalb ist fraglos der Industriestaat, vom Reichtums-
wie vom Machtstandpunkt, das Ideal, das sich wenigstens Völkern,
die auf einer bestimmten Entwicklungsstufe stehen, gebieterisch
vorschreibt? Weshalb hat List recht, wenn er dies Recht auch
nicht schlüssig zu begründen vermocht hat?
Deshalb, weil die Produktivkräfte, welche im nationalen.
Boden wurzeln, begrenzt sind. Hat ein Volk eine bestimmte
Ziffer überschritten, so spürt es das Gesetz des »abnehmenden
Bodenertragese, der sinkenden Produktivität von Landwirtschaft
und Bergbau; verschlingt ihm die Einheit Korn, die Einheit Erz —
Korn und Erz als Repräsentanten der beiden Hauptgruppen der
Bodenprodukte genommen — mehr und mehr Arbeit, stellt sich
teurer und teurer,
Ohne Import von Bodenprodukten müßte solches Volk ent-
weder immer ärger verarmen, das durchschnittliche Realeinkommen
immer tiefer sinken sehen: oder es müßte das Wachstum der Ziffer
hintanhalten, womit es an Weltgeltung‘ verlöre. Importiert es
dagegen Lebensmittel und Materialien von Völkern, wo das Ver-
hältnis zwischen Leuten und Land günstiger steht, exportiert es
dafür Fabrikate, dann kommt es über jene fatale Alternative hinweg.
Dann wird es reicher trotz steigender Ziffer, und zugleich mächtiger
wegen steigender Ziffer. Will ein Volk, das eine gewisse Ziffer
überschritten hat, weiter empor, wirtschaftlich wie politisch, so
muß es den Industriestaat wollen.
Da für List, dem die Malthussche Theorie ein Irrtum war®,
die Prämisse — das Bodengesetz — sich ausschaltete, konnte er
ı List, a.a. O., S. 186. Aus dieser Ausführung erhellt besonders deut-
lich, wie stark die Lehre Lists der unserer »Harmoniestaatler« widerstreitet,
welche ihn so gern für sich kapern möchten. Nach ihnen wird ja, um-
gekehrt, eine Nation zufolge Imports von Lebensmitteln und Materialien
vom Ausland abhängig!
2 List, a, a. OS. 116 £,
„Die »alte Maxime«, Manufakte zu exportieren, Lebensmittel und Materi-
alien zu importieren, sei — betont List — »die einzig wahre für eine Nation
mit alter Kultur, die ihren Ackerbau auf einen schon hohen Grad der Ent-
iin gebracht hate. Ebenda. S. 280. Es muß heißen: für eine Nation,
es Bea AeRerbau bis zu so hohem Umfang vorgetrieben hat, daß sie
ngesetz verspürt. Je stärker sie es verspürt, desto notwendiger,