Full text: Die Bedeutung des "Nationalen Systems" für die Vergangenheit und für die Gegenwart

25 
Handel zu treiben«!l, Das ist alles, was bei List an sachlichen 
Argumenten für seinen Satz, daß die Völker desto reicher und 
mächtiger werden, je mehr sie Manufakte exportieren, Lebens- 
mittel und Materialien importieren, sich findet; alles, was er 
beibringt für sein Industriestaatsideal. Doch mit wenigen Worten 
läßt sich seine Versäumnis gutmachen, 
Weshalb ist fraglos der Industriestaat, vom Reichtums- 
wie vom Machtstandpunkt, das Ideal, das sich wenigstens Völkern, 
die auf einer bestimmten Entwicklungsstufe stehen, gebieterisch 
vorschreibt? Weshalb hat List recht, wenn er dies Recht auch 
nicht schlüssig zu begründen vermocht hat? 
Deshalb, weil die Produktivkräfte, welche im nationalen. 
Boden wurzeln, begrenzt sind. Hat ein Volk eine bestimmte 
Ziffer überschritten, so spürt es das Gesetz des »abnehmenden 
Bodenertragese, der sinkenden Produktivität von Landwirtschaft 
und Bergbau; verschlingt ihm die Einheit Korn, die Einheit Erz — 
Korn und Erz als Repräsentanten der beiden Hauptgruppen der 
Bodenprodukte genommen — mehr und mehr Arbeit, stellt sich 
teurer und teurer, 
Ohne Import von Bodenprodukten müßte solches Volk ent- 
weder immer ärger verarmen, das durchschnittliche Realeinkommen 
immer tiefer sinken sehen: oder es müßte das Wachstum der Ziffer 
hintanhalten, womit es an Weltgeltung‘ verlöre. Importiert es 
dagegen Lebensmittel und Materialien von Völkern, wo das Ver- 
hältnis zwischen Leuten und Land günstiger steht, exportiert es 
dafür Fabrikate, dann kommt es über jene fatale Alternative hinweg. 
Dann wird es reicher trotz steigender Ziffer, und zugleich mächtiger 
wegen steigender Ziffer. Will ein Volk, das eine gewisse Ziffer 
überschritten hat, weiter empor, wirtschaftlich wie politisch, so 
muß es den Industriestaat wollen. 
Da für List, dem die Malthussche Theorie ein Irrtum war®, 
die Prämisse — das Bodengesetz — sich ausschaltete, konnte er 
ı List, a.a. O., S. 186. Aus dieser Ausführung erhellt besonders deut- 
lich, wie stark die Lehre Lists der unserer »Harmoniestaatler« widerstreitet, 
welche ihn so gern für sich kapern möchten. Nach ihnen wird ja, um- 
gekehrt, eine Nation zufolge Imports von Lebensmitteln und Materialien 
vom Ausland abhängig! 
2 List, a, a. OS. 116 £, 
„Die »alte Maxime«, Manufakte zu exportieren, Lebensmittel und Materi- 
alien zu importieren, sei — betont List — »die einzig wahre für eine Nation 
mit alter Kultur, die ihren Ackerbau auf einen schon hohen Grad der Ent- 
iin gebracht hate. Ebenda. S. 280. Es muß heißen: für eine Nation, 
es Bea AeRerbau bis zu so hohem Umfang vorgetrieben hat, daß sie 
ngesetz verspürt. Je stärker sie es verspürt, desto notwendiger,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.