Full text: Denkschrift über die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Reichsregierung

eingehend dargelegt und erläutert. Auch mit dem Ge— 
biet der engeren produktiven Erwerbslosenfürsorge hat 
der Unterausschuß sich besonders befaßt und schon waäh— 
rend seiner Beratungen nachdrücklich auf eine mög— 
lichste Verstärkung der öffentlichen Notstandsarbeiten 
hingewirkt. 
Die Verhandlungen des Unterausschusses sind in dem 
Bericht des 8.Ausschusses über produktive Erwerbs 
losenfürsorge vom 25. Juni 1926 (6xeichslagsdruck 
sache 2455) eingehend dargestellt. Die Wünsche und 
Forderungen, die der Ausschuß auf Grund dieser Ar— 
beiten an die Reichsregierung gerichtet hat, sind in der 
Entschließung enthalten, die den Abschluß des genann— 
ten Berichtes bildet und deren Beantwortung der 
Gegenstand dieser Denkschrift ist. Auch der R.Aus— 
schuß des Reichstags für Soziale Angelegenheiten hat 
diese Entschließung nachdrücklich befürwortet; sie ist 
im Plenum des Reichstages am 28. Juni einstimmig 
angenommen worden. 
Arbeitsbeschaffungsprogramm der 
Reichsregierung 
Die Bemühungen der Reichsregierung zur Verstär— 
kung der Arbeitsmöglichkeiten hakten inzwischen nicht 
geruht. Durch ständige Einwirkung auf die Gemein— 
den im Einvernehmen mit den obersten Landesbehör— 
den für Exrwerbslosenfürsorge war es zwar gelun— 
gen, die Zahl der bei Notstandsarbeiten beschäf⸗ 
tigten Erwerbsblosen von 27870 am 15. Dezember 
1925 auf 170 105 am 15. Mai 1026 zu steigern 
Die Reichsregierung erkannte aber, daß den Er— 
werbslosen noch weitere Hilfe gebracht werden mußte. 
Die akute Wirtschaftskrise war inzwischen in den 
Zustand der wirtschaftlichen Depression übergegan— 
zen, damit hatte sich auch der Geldmarkt bedeutend er⸗ 
leichtert, ja, er zeige bereits eine gewisse Flüssigkeit. 
Demgemäß entschloß sich die Reichsregierung, ein be— 
sonderes Programm zur Bekämpfung der Erwerbs— 
osigkeit, ein sogenaͤnntes Arbeitsbeschaffungspro— 
ramm, aufzustellen. Der Herr Reichsminister der 
Finanen erklärte sich bereit, den erforderlichen Mehr— 
zusgaben oder Vorgriffen auf die Haushaltspläne des 
Jahres 1927 zuzustimmen und die nötigen Mittel be— 
reitzustellen. Als am 28. Juni 1926 der vorerwähnte 
Bericht des Volkswirtschaftlichen Ausschusses im Ple— 
num des Reichstiges zur Beratung stand, konnte somit 
der Reichsarbeitsminister bereits die Beschlüsse der 
Reichsregierung über das Arbeitsbeschaffungspro— 
gramm mitteilen; es entsprach in allen wesenklichen 
Punkten der Entschließung des Reichskages. 
Da die Mittel, die für die Arbeitsbeschaffungsmaß— 
nahmen zur Verfügung standen, in ihrer Hoͤhe be— 
schränkt waren, war der leitende Gedanke der Reichs 
regierung, ihre Maßnahmen vor allem solchen Teilen 
der Wirtschaft zugute kommen zu lassen, deren Belebung 
sich erfahrungsgemäß auch auf die anderen Gewerbe 
günstig auswirkt und somit der Wirtschaft in ihrer 
Janzen Breite einen Antrieb zur Besserung gibt: die 
Maßnahmen des Reiches sollten vor allem eine bessere 
Beschäftigung der sogenannten Schlüsselgewerbe sichern. 
Auf der anderen Seite mußsen sie naturgemäß dort 
insetzen, wo das Reich oder mit ihm in engster Ver— 
indung stehende Stellen, wie die Reichsbahn Gesell⸗ 
chaft und die Reichspost, selbst als Auftraggeber 
roßen Maßstabes in Frage kommen, hier konnte am 
eich esten die erstrebte sozialpolitische Wirkung ge— 
ühert werden; hier war der stärkste Einfluß auf eine 
Durchführung des Arbeitsbeschaffungsgedankens, wie 
ie den Absichten der Regierung entsprach, gegeben 
Reichsbahn 
Aus diesen Erwägungen ergab sich, daß ein wesent— 
icher Anteil an dem Beschaffungsprogramm der 
Keichsbahn zufallen mußte, die ja als das 
rößte wirlschaftliche Unternehmen VDeutschlands — 
uch in ihrer jetzigen Rechtsform bei der Durchführung 
hres Betriebes den Interessen der Allgemeinheit Rech— 
ung tragen und deshalb ihre wirtschaftlichen Kräfte 
ruch zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit mit einsetzen 
nuß. Dies geschah auf zwei verschiedenen Wegen. 
kinmal gewährte das Reich — entsprechend dem Vor 
Jang im Frühjahr 1926 der Reichsbahn ein Dar— 
ehen von 100 Millionen A, das der Verbesserung 
ind Ereuerung ihrer Anlagen dienen sollte. Von die 
en 100 Millionen waren 30 Millionen für eine Er— 
veiterung des Gleisumbauprogramms bestimmt. Das 
var eine besonders dringliche Aufgabe, weil die Wie— 
erherstellung und Erneuerung des Oberbaues nach den 
Zchädigungen der Kriegs- und Nachkriegsjahre — im 
sßegensatz zum Fahrzeugpark — noch erheblich im 
ückstande ist Die 30 Millionen ermöglichten der 
Keichsbahn die Ausdehnung der laufenden Erneue— 
ungsarbeiten auf weitere 500 kmm, sie verteilten sich 
uf Lieferungen der Eisenindustrie mit 138Mil 
onen, der Holzindustrie mit 5,6 Millionen, der Stein 
adustrie mit 49 Millionen und auf Löhne der bei 
en Arbeiten unmittelbar beschäftigten Arbeitskräfte 
nit 53,0 Millivnen. Fuür die Beschaffung von Wert— 
soffen und Ersatzstücken aller Art zur Verbesserung des 
zahrzeugparkes sollten 35 Millidnen A Verwen— 
ung finden, von denen 29 Millionen auf Lieferungen 
er Metallindustrie entfielen. 15 Millionen 
aren für Brückenumbauten, Erweiterung von Bahn— 
öfen, neue Werkstätten, elek rische Sicherungsanlagen, 
Zremsausrüstungen und Wohnbauten bestimmt;, da 
on entfielen 10 Millionen auf Auflräge an Bauunter— 
ehmungen aller Art, 5 Millionen auf die Metallindu— 
rie. 20 Millionen endlich stellte das Reich für den 
Zeginn der Elektrisierung der Berliner Stadt und 
dingbahn zur Verfügung, und zwar unter der Be— 
ingung, daß die Reichsbahn aus eigenen Mitteln 
inen Betrag in gleicher Höhe für diesen Zweck hergab. 
Bei diesen 40 Millionen handelte es sich in der Haupt 
ache um Aufträge an die Elek xoindustrie E1I,0 Mil 
pnen .0) und die Eisenindustrie (60 Mul 
onen AM), erhebliche Beträge entfielen aber auch 
uf die Draht⸗ und Kabelindustrie und das Bauhand 
er 
Außer diesen 100 Millionen erhielt die Reichsbahn 
om Reich zu besonders günstigen Bedingungen einen 
dredit in Höhe von 53 313 000 2.0, um ihr die 
zollendumg einer Reihe von Bahnstrecken zu ermba 
chen die bereits vor dem Kriege begonnen waren, aber 
nzwischen nicht hatten vollendet werden können Die 
suswahl dieser Strecken — insgesamt 16 mit einer 
hesamtlänge von 280 .m.watr vorher im Beneh— 
gen mit den Regierungen der Länder erfolgt; ihre Ver 
eilung auf die einzelnen Laͤnder und die Koͤssten ergeben 
ch aus der folgenden Aufstellung
	        
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