Full text: Hundert Jahre schlesischer Agrargeschichte

Oppofition des {HlefiflHen AWdels gegen Schlabrendorff. 195 
Worauf die SGutsherren damals in der Agrarpolitik hinauswollten, ver- 
vieten die Anträge, die im Oktober 1763 vom Liegniger Landrat ausgingen, 
von den meiften niederfchlefijchen Landräten befürwortet und von der 
Slogauer Kammer mit Eifer verfodhten wurden. Man verlangte, daß 
Hreigärtner, Häusler und Einlieger in Zukunft für ihre über die Fron- 
pflidhten hinausgehenden Dienfte nicht mehr den etwas Höheren Fremden- 
tagelohn fordern dürften, fondern fih mit dem Fremdenlohn, d. h. dem 
Lohn, den das ZwangsSgefinde nach den erften drei Jahren erhielt!), be- 
gnügen müßten, und al3 CSchlabrendorff die Forderung immer wieder 
zurücdivies, erbat die Glogauer Kammer, natürlich gleichfalls vergebens, 
auf Srund der „von den Landräten, Ämtern, Particulier8 erhobenen 
dringendfjten Vorftelungen“ den Erlaß einer neuen Gefindeordnung, um 
„den unter dem Gefinde eingeriffenen Unordnungen und Ungehorfam, be- 
[onder3 aber dem auf das enormfte gefteigerten Lohn vorzubeugen“, wo 
doch der Sefindelohn noch nicht den in der damals gültigen Gefindeord- 
nung von 1676 vorgefchriebenen Sägen entjprach?). 
Der Träger derartiger im {Harfen Widerfpruch zur Agrarpolitik Schla- 
brendorffs ftehender Wünfjche, der {Hlefifche Adel, empört über die unerhört 
Idharfe Sprache und die [Hneidenden Befehle diefes Bauernprotektors, befaß 
ihm gegenüber wegen der unterbliebenen Befeitigung des unerblich-laffi- 
ti[hen DBefigrechts und der Unterlaffung der Wiederherftelung fo mancher 
wüflten Stelle ein {Hlechtes SGemiffen; viele Edelleute dürften in den eben 
gefchilderten Bauernunruhen die böfe Frucht einer verfehlten Politik, einer 
zu weit gehenden Bauernfreundlichkeit, erblidt haben; Gründe genug, um 
alle Sebel zum Sturze Schlabrendorffs in Bewegung zu fegen. So be- 
[dhiverte man fich beim König über fein Auftreten gegen den {chlefifjchen 
Adel?) und verdächtigte ihn und feine Beamten der unerlaubten Be- 
veidherung, ein Vorwurf, den der König auf Grund vieler böfer Erfah- 
rungen, aber auch auf Grund feiner argivöhnifjdhen AWbneigung gegen das 
Se{hlecht der Federfuchfer zu glauben ftet8 bereit mar. TVer Präfident der 
Dreslauer Cberamtsregierung, von Carmer, der {pätere SGrokkanzler, der 
Mann, der durch die Bearündung der [Alefiihen Landi{haft in den KXahren 
1) Siehe oben, S. 115. ?) Rep. 199. M, R, V, 45e, vol, I und V, 48, vol, I. 
®) Schon im Dezember 1756 hatte der bekannte, in alle Gejdhäfte, au) in alle beim 
König einlaufenden Klagen und Befdhwerden eingemeihte Kabinettsrat Friedrichs 
des Großen, Cidel, an den General von Winterfeldt gefdHrieben: „Daß der Herr 
von Schlabrendorff die Sachen zum Öfteren outriret, und nicht zu rechter Zeit zu 
geben, no) zu nehmen meiß, [oldjes kenne ich, habe auch zum Öfteren angemerkt, 
daß er die bei der pommerjden Kammer noch) von den Mafjfow- und Grumbkomwf{dhen 
Zeiten her eingeriffene juriftijdhe Chikanerie noch nicht ganz abgeleget hat. Sch 
münfche auch, daß er. . . gegen die Herren Schlefier nicht zumeilen auf pommer{dhen 
Suß verfahren möchte.“ YA, v. Kanfon, Hans Karl v. Winterfeldt, Berlin 1913, S. 2381. 
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