114 5. Abschnitt. II.
die Zurückziehung einer Drohung als die Gewährung eines Zugeständ-
nisses bedeutet. Dieses System des Aushandelns ist eine der unmittel-
baren Ursachen der erhöhten Zölle, die die Nachkriegszeit charak-
terisieren.
15. Denkschrift über das Dumping von Jakob Viner.
(Memorandum sur le „dumping“ 22 p. C.E.C.P. 36.) Der Professor
der Chicagoer Universität geht in dieser Denkschrift von der Annahme
aus, daß gegenwärtig ein beträchtlicher Teil aller Fertig- und Halbfa-
brikate zu Dumpingpreisen abgesetzt wird. Dumpingpreise sind nied-
rigere Preise, als sie zur gleichen Zeit und unter gleichen Umständen
auf dem Inlandmarkt verlangt werden; unter den Begriff fällt ebenso
die unterschiedliche Preisbehandlung auswärtiger Märkte, wenn es an
einem Inlandmarkte fehlt. Vorherrschend ist diese Praxis vor allem in
den schutzzöllnerisch eingestellten Industriestaaten und ferner da, wo
die Industrie in Trusten und Kartellen zusammengeschlossen sind. Der
wirksamste Schutz gegen Dumping besteht darin, daß die mit Dumping
eingeführte Ware mit einem Spezialzoll belegt wird, der der Differenz
zwischen Inlandpreis des Ausfuhrlandes und Exportpreis entspricht.
Die Anwendungsmöglichkeit dieser Zölle müßte gesetzlich festgestellt
werden. Eine internationale Regelung der Frage hat wenig Aussicht auf
Erfolg, da das Dumping nach allgemeiner Auffassung dem exportieren-
den Lande Vorteile bietet. Dagegen wäre die Errichtung einer inter-
nationalen Stelle zur Sammlung von wichtigen Nachweisungen, und die
Wirkungen der Antidumpinggesetzgebung sehr zweckmäßig. Ein inter-
nationales Eingreifen wäre nur am Platze, wenn die Produzenten eines
Landes zu niedrigeren als Inlandpreisen auf dem Markte eines an-
deren Landes verkaufen, das selbst die betreffende Ware nicht erzeugt,
da auf diesen Fall der Begriff des unlauteren Wettbewerbs Anwendung
findet.
16. Denkschrift über die Gesetzgebung der verschiede-
nen Staaten zur Abwehr des Dumpings, insbesondere des
Valuta-Dumping von Dr. Trendelenburg. (Memoire sur la
legislation de divers Etats concernant la protection contre le „dump-
ing“, notamment le dumping des changes, 38 p. C. E. I. 7.) Die Denk-
Schrift behandelt die verschiedenen Arten des Dumpings, die Bekämp-
fung der gewöhnlichen und des Valuta-Dumpings. Die praktische Bedeu-
tung der Antidumpinggesetze für den internationalen Handel ergibt
sich aus der Zahl der konkreten Fälle ihrer Anwendung. Soweit das
gewöhnliche Dumping in Frage kommt, sind in den meisten europäi-
schen Staaten die Abwehrmaßnahmen der Gesetzgebung lediglich gegen
Ausfuhrprämien gerichtet; in Österreich und der Tschechoslowakei gibt
es auch Bestimmungen über das „soziale Dumping“, d.h. Einfuhr zu
besonders niedrigen Preisen, die deshalb möglich sind, weil im Ex-
portlande sehr ungünstige Arbeitsbedingungen herrschen. In den Ge-
setzgebungen der überseeischen Staaten finden sich meist allgemein
lautende Bestimmungen gegen das Dumping, in einigen überdies be-