Full text: Die Weltwirtschaftskonferenz

1. Abschnitt. IL 
nur als eine vorübergehende Erscheinung angesehen werden. Wenn 
die Konsolidierung der verbündeten Betriebe durchgeführt ist, geht 
die Entwicklung mit der Zeit dahin, daß infolge der verbesserten Pro- 
duktionsbedingungen und der Verbilligung der Produktion selbst eine 
Zunahme des Verbrauchs eintritt, die in ihren Auswirkungen einer Ver- 
mehrung der Arbeitsgelegenheiten gleichkommt. Es wäre jedenfalls 
erwünscht, die Wirksamkeit der internationalen Kartelle nicht nur 
vom Standpunkte des Verbrauches, sondern auch des Arbeitsmarktes 
zu beobachten und zu beaufsichtigen. Und wenn im Interesse des 
Verbrauches erst nach einem neuen internationalen Forum Ausschau 
gehalten werden muß, so steht ein entsprechendes Organ vom Gesichts- 
punkte der Interessen des Arbeitsmarktes bereits in dem unter der 
Ägide des Völkerbundes wirkenden internationalen Arbeitsamte fertig 
zur Verfügung. 
Wenn von sozialistischer Seite, von einer entgegengesetzten Welt- 
anschauung ausgehend, die Kartellbewegung angegriffen und in ihr eine 
Ausartung des kapitalistischen Systems erblickt wird, so zeugt diese 
Auffassung für eine von Grund aus irrtümliche Beurteilung der Lage. 
Jede Konzentration ist das Gegenteil der individualistischen Wirt- 
schaftsführung. Die Zahl der Angestellten wächst, die Zahl der Füh- 
rer nimmt ab. Die sozialen Momente der Produktion treten parallel 
mit dem Kartellierungsprozeß in den Vordergrund, und wenn je etwas 
aine Annäherung an den Zustand bedeutet, wo die Leitung der Pro- 
duktion zur gesellschaftlichen Funktion wird, so ist es dieser Umstand. 
In der Tat steht die Lebenshaltung und das gesellschaftliche Selbst- 
bewußtsein der Arbeitnehmer in den Vereinigten Staaten, der Heimat 
der vollkommensten Konzentration und Rationalisierung, am aller- 
höchsten. 
Welche Einwendungen immer vom Standpunkte des Verbrauches, 
ler Arbeit, der politischen Macht gegen die internationalen Kartelle 
erhoben werden, es wäre verfehlt, die Koalitionsfreiheit der Unter- 
nehmer einzuschränken oder zu verhindern. Dieses Vorgehen wäre 
nicht unähnlich jener engherzigen und kurzsichtigen Politik, mit der 
man noch vor einem halben Jahrhundert die Organisierung der Ar- 
beiterschaft mit einem Machtworte zu vereiteln suchte. Europa be- 
darf der großzügigen Organisation hauptsächlich aus wirtschaftlichen 
Gründen, doch nicht minder auch deshalb, weil die wirtschaftlichen 
Kämpfe die Vorläufer politischer Zusammenstöße sind, der politische 
Zündstoff aber in erster Reihe entfernt werden muß. Die internatio- 
nalen Kartelle haben außer ihren wirtschaftlichen Auswirkungen auch 
eine politische und moralische Bedeutung: sie ebnen den Weg zur 
Befriedung der Völker. 
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Der natürliche Boden des kartellmäßigen Ausbaues der wirtschaft- 
lichen Organisation ist die Industrie. Doch nicht jeder Zweig der in-
	        
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