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nicht nur Amerika nachzuahmen brauche, sondern den besonderen
Verhältnissen der einzelnen Völker und ihren bisherigen Arbeits-
methoden sehr gut Rechnung tragen könne. Als der amerikanische
Gewerkschaftsbund sich allmählich von den Vorteilen der Rationali-
sierung für die Arbeiterschaft überzeugt hatte, folgte ihm der Amster-
damer Internationale Gewerkschaftsbund nach, und in der Dritten In-
ternationale ist kein geringerer, als Lenin selbst, schon 1918 für sie
eingetreten. Frau Dr. Lüders trat für die Typisierung der hauswirt-
schaftlichen Gebrauchsgegenstände ein, Frau Barbara Wooton meinte,
daß die Organisation der Konsumenten noch zu wenig entwickelt sei,
um die ganze Wirtschaft zu rationalisieren. Der Engländer Pugh und
der Belgier Mertens legten die Gründe dar, aus denen die Arbeiter-
schaft die Wirtschaftsratiönalisierung unterstützen und auch der inter-
aationalen Kartellpolitik keine Opposition machen würde, sofern diese
der verlangten Kontrolle unterstellt würde. Olivietti (Italien) wies
auf die Zusammenhänge der Rationalisierung mit dem Bevölkerungs-
problem hin; dasselbe tat Baron Kornfeld (Ungarn), indem er
von den empfohlenen zwei Hauptmaßnahmen zur Abwendung der
Krise (größere Wirtschaftsgebiete und industrielle Gemeinschaften) eine
neue Arbeitslosigkeit befürchtet, die besonders übervölkerte Länder
stark betreffen würde. Die Arbeitervertreter erhoben folgende An-
sprüche im Falle der Rationalisierung: höhere Löhne, angepaßte Ar-
beitszeit, ausreichende Arbeitslosenunterstützung, Verbilligung der Wa-
renpreise, sowie eine Kontrolle der Durchführung der Rationalisierung
Jurch die Gewerkschaften. Die Sowjetdelegierten wiesen noch darauf
hin, daß die Rationalisierung in der kapitalistischen Wirtschaft und in
ler sozialistischen Wirtschaft zwei ganz verschiedene Dinge seien.
Dieser allgemeinen Aussprache über das Rationalisierungsproblem
:olgte die Kartelldebatte. Sie wurde durch den gemeinsamen. Vor-
schlag Frau Freundlich (Österreich) und des finnländischen Genos-
senschaftsvertreters Keto eingeleitet, der die Schaffung einer natio-
nalen und internationalen Kartellkontrolle vorsieht. Kartellabkommen
ınd Statuten sollen veröffentlicht werden, und in jedem Lande
sei ein gemischter Ausschuß zur Beaufsichtigung der Preise einzu-
setzen, Als entschiedener Gegner des Kartells sprach Lavonius
Finnland), weil sie mehr die Preise erhöhen als die Produktion, beson-
ders bei Rohstoffen und Halbfabrikanten, unter Belastung der Weiter-
verarbeitung, der Landwirte und der Verbraucher. Für die internatio-
nalen Kartelle äußerte sich Freiherr Battaglia (Polen) und Dr.
Zimmerman (Holland). Sokolnikoff meinte, es wäre vergebens,
sich der gegenwärtigen Tendenz zur Kartellisierung zu widersetzen. Die
Gefahren der Erhöhung der Preise und Einschränkung der Produktion
seien nur zu wahr. Rußland selbst sei einigen großen internationalen
Kartellen beigetreten. Weiß-Wellenstein (Österreich) sieht in den
Kartellen keine Panazee, erkennt aber ihre Vorteile an. Jedes Land
habe die rechtliche Regelung selbst vorzunehmen. Hunt (Wissen-