Full text: Die Weltwirtschaftskonferenz

52 3. Abschnitt. IB. 
dem Vorbehalte, diese Tarife einer Revision unterwerfen zu können, 
um dieselben dem Großhandelsindex anzupassen, wenn dieser Schwan- 
kungen von mehr als 20% aufweisen würde. In Genf wurden diese 
Abänderungen als Verbesserung der Methoden der Vertragsschließung 
anerkannt; man wollte sich jedoch mit ihnen nicht zufrieden geben 
und. drang auf eine weitgehendere Vervollkommnung und Vereinheit- 
lichung der handelspolitischen Vertragssysteme. Als wichtigstes Mit- 
tel zu diesem Zwecke betrachtete die Konferenz die Neureglung der 
Meistbegünstigungsirage. 
Die gegenseitige Meistbegünstigung war in der Vorkriegszeit der 
teste Knoten, der das handelspolitische Gewebe zusammenhielt. In 
der Nachkriegszeit ist sie zum schwachen Punkte der farblosen Han- 
delsverträge geworden. Den besiegten. Staaten ist es zwar nach und 
nach gelungen, die einseitige Meistbegünstigung der Friedensverträge 
in eine gegenseitige zu verwandeln, aber die Meistbegünstigungsklausel 
kommt heute fast überall in einer stark verwässerten Form zur An- 
wendung. Auf der Weltwirtschaftskonferenz hat sich die schwedische 
Delegation der Meistbegünstigungsklausel angenommen 1), um sie in 
ihrer uneingeschränkten alten Fassung wieder allgemein zu Ehren zu 
bringen. Frankreich ist seit 1919 einseitig zur sogenannten Rezi- 
prozität übergegangen, nach der handelspolitische Konzessionen in 
allen Fällen nur für entsprechende Gegenkonzessionen gewährt werden, 
während die volle Meistbegünstigung ohne weiteres paritätische Be- 
handlung mit allen Konkurrenzländern sichert. Würde die neue fran- 
zösische Methode — die in der Vorkriegszeit nur in den Vereinigten 
Staaten angewendet wurde — in Europa Schule machen, so ergäbe 
sich hieraus eine weitere heillose Komplikation der handelspolitischen 
Beziehungen zwischen den einzelnen Ländern. Dem Gedanken der 
gegenseitigen Meistbegünstigung droht aber noch von anderer Seite 
Gefahr. Die neue Handelspolitik hat die Meistbegünstigungsklausel 
dadurch mehr und mehr illusorisch gemacht, daß sie die Aufteilung 
des Zolltarifs so weit getrieben hat, daß ein Vorteil, der einem Lande 
eingeräumt wird, womöglich nur diesem Lande zugute kommen soll. Die 
Denkschrift der schwedischen Delegation erwähnt Wunderlichkeiten, 
wie besondere Zollsätze festgestellt wurden für Ardenner Pferde und 
Edamer Käse, ja sogar für Kühe, die in einer Höhe von über 800 
Meter über dem Meeresspiegel geboren sind. 
Auf eine andere Gefahr in der heutigen Praxis hat das österrei- 
chische Nationalkomitee der internationalen Handelskammer hinge- 
wiesen. Danach hat die allgemeine und uneingeschränkte Meistbe- 
zünstigung schwere Nachteile für Staaten zur Folge, die ihre Tarife 
zum Großteil durch Verträge gebunden haben, während andere Länder 
1) Aide mömoire concernant le reglement par voie internationale des effets des 
clauses de la nation la plus favorisee relatives du traitement douanier, Presente par les 
membres suedois de la C.E.L
	        
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