Full text: Die Weltwirtschaftskonferenz

38 3. Abschnitt, IE, 
die die Höhe der Zollsätze betrifft, wurde in Verbindung mit der Han- 
delspolitik bereits erörtert. Der Abschnitt der Entschließungen, der die 
Aufschrift „Zolltarife‘“ trägt, ist fast ausschließlich technischen Vor- 
gängen gewidmet. Die Verschiedenheit in der Praxis des Zollwesens ist 
das Spiegelbild der handelspolitischen Zerfahrenheit Europas. Die Kon- 
ferenz sucht mit verschiedenen Mitteln und auf verschiedenen Wegen 
dem Zollunwesen beizukommen und empfiehlt zu diesem Zwecke: 
1) die möglichste Vereinfachung der Zolltarife; 2) die Aufstellung einer 
methodischen Nomenklatur hinsichtlich der Zollpositionen; 3) die Sta- 
bilität der Tarife; 4) Richtlinien, um ein Höchstmaß von Gerechtigkeit 
bei der Anwendung der Zölle zu sichern; 5) Grundsätze für die Ge- 
staltung der Zollformalitäten; 6) Ausgestaltung des handelsstatistischen 
Dienstes. All diese sind bloß technische Mittel und Maßnahmen, durch 
die auch ohne eigentlichen Zollabbau viel indirekte Erschwerung und 
Schikane im internationalen Handelsverkehr ausgeschaltet werden 
könnte. 
Die Neuordnung und Neufassung der Zolltarife in der Nachkriegszeit 
war mit einer weitgehenden Spezialisierung des Tarifschemas ver- 
bunden, der nicht immer techniseh-wirtschaftliche Erwägungen, son- 
dern öfters handelspolitische Absichten zugrunde lagen!). Die Kon- 
ferenz mißbilligt diese weitgehende Spezialisierung der Tarifpositionen 
als ein beträchtliches Hindernis für die Entwicklung des internatio- 
nalen Handels. Im Streben nach Vereinfachung der Zolltarife 
hätten die Staaten Tarifstellen zu vermeiden, die nicht Artikel ver- 
schiedener Art bezeichnen, sondern lediglich dazu dienen, zwischen Ar- 
ükeln verschiedener Herkunft einen Unterschied zu machen. 
Die kleinliche Spezialisierung der in Gebrauch befindlichen Zolltarife 
war es, die den Ruf nach Vereinheitlichung der zolltarifari- 
schen Nomenklatur laut werden ließ. In keinem Punkte hat die 
Konferenz so genaue Kleinarbeit geleistet, wie in diesem; man hatte 
mitunter den Eindruck, als ob das einheitliche Zollschema das einzige 
praktische Ergebnis der Verhandlungen sein werde, und — man gab 
sich damit zufrieden, so sehr war man von der Wichtigkeit einheitli- 
cher Tarifbezeichnungen für den internationalen Handel überzeugt. 
Die Konferenz stellt vorerst die Durchführbarkeit des Gedankens fest. 
Eine allgemein gültige systematische Nomenklatur — heißt es — ge- 
gründet entweder auf die verschiedenen Stadien der Bearbeitung oder 
auf die verschiedenen Typen der Waren, kann den verschiedenen wirt- 
schaftlichen und fiskalischen Auffassungen vollkommen angepaßt wer- 
den. Nicht die Nomenklatur, sondern die Höhe der Zollsätze für jede 
Fabrikationsstufe oder jeden Warentyp bestimme den Grad des Zoll- 
schutzes. Nach dieser Feststellung empfiehlt die Konferenz das tech- 
nische Vorgehen, durch welches eine systematische Nomenklatur von 
1} Eine Höchstleistung dieser Art ist der im April 1927 eingebrachte französische 
Zolltarifentwurf, der mit seinen 1750 Artikeln und 10500 Tarifposten nur von dem Tarif 
ron Haiti übertroffen wird.
	        
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