Full text: Die Weltwirtschaftskonferenz

38 8. Abschnitt, IIE, 
schalten, Preise zu erhöhen, Monopole zu erzwingen. Die Nachkriegs- 
kartelle haben nicht so sehr die Steigerung der Verkaufspreise als die 
Senkung der Gestehungskosten, die Gewinnsicherung durch Rationali- 
sierung zum Ziele. In Kontinentaleuropa und vor allem in Mitteleuropa 
sind sie vornehmlich aus den wirtschaftlichen Strukturveränderungen 
entstanden, als Zusammenschluß von Produktionsgruppen, im Zeichen 
gefährdeter Existenz. Angesichts dieser Tatsachen war auch die Mah- 
nung des deutschen Delegierten Lammers, die modernen Kartelle 
mögen sich von ihrer „illusion d’avant guerre‘ losmachen, die darin 
bestehe, als ob sie noch die alte egoistische, auf Ausnützung ihrer 
Abnehmer gerichtete Politik betreiben könnten, nichts mehr als eine 
Selbstverständlichkeit. Die Kartelle haben heute nur Existenzberech- 
tigung und Aussicht auf Dauer, wenn sie für die Rationalisierung im 
Interesse aller besorgt sind. Das moderne Kartell trägt das Ferment 
gegen Mißbräuche in sich. Damit soll nicht gesagt werden, daß Vor- 
sichtsmaßregeln und Kontrolle überflüssig seien, daß aber in der 
heutigen Entwicklungsphase die Vorteile, die im arbeitsteiligen Pro- 
Jluzieren liegen, die auf der Konferenz befürchteten eventuel- 
len Nachteile überwiegen. Die Konferenz hat es, im Gegen- 
satze zur ursprünglichen Absicht ihrer Veranstalter, unterlassen, die 
offene Verständigung zwischen den Produzenten der verschiedenen 
Länder auf Grundlage der horizontalen Industriegruppen zu empfehlen 
und Normen in dieser Richtung aufzustellen. ; 
Dafür wurden die Vorbehalte gegen künstliche Preissteigerung zu 
Lasten der Verbraucher, sowie die Rücksichtnahme auf die Interessen 
der Arbeiterschaft nachdrücklicher hervorgekehrt. Und da in dem 
heutigen Entwicklungsstadium die internationale Kartellierung- sich 
naturgemäß vor allem auf Rohstoffe und Halbfabrikate erstreckt, 
hat es die Konferenz für notwendig erachtet, auf die Gefahren auf- 
merksam zu machen, die aus solchen Abkommen für Länder entstehen 
können, die, ohne eigene Rohstoffe zu besitzen, auf die Erzeugung von 
Fertigwaren angewiesen sind. Der Schutz gegen alle möglichen Miß- 
bräuche der Kartelle soll auf dem gleichen, Wege erstrebt werden, und 
lieser Weg wäre die internationale Kartellaufsicht. 
An keinem Punkte der Debatte sind die Gegensätze so hart auf- 
einander gestoßen, wie in der Frage der Kartellkontrolle. Während der 
[ranzösische Gewerkschaftsführer Jouhaux nationale und internatio- 
nale Kontrolle, nationale Kontrollausschüsse und ein internationales 
Kontrollamt in Verbindung mit dem Völkerbunde als Voraussetzung 
der Anerkennung der Kartelle forderte, verwahrte sich der Schwede 
Lundrvik gegen die Kontrolle sowohl des Staates, wie des Überstaates, 
der staatlichen Bureaukratie so gut wie derjenigen des Völkerbundes. 
Die mittlere Linie nahm der deutsche Delegierte Lammers ein. Die 
praktische Voraussetzung der internationalen Kontrolle ist für ihn, 
daß die Kontrollmöglichkeit in allen beteiligten Ländern von gleich-
	        
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