Die Problematik der Weltwirtschaftskonferenz. 89
artiger Wirksamkeit sei. Der Versuch, durch eine internationale In-
stanz mit irgendeiner Form konkreten Zwanges in die privaten öko-
nomischen Organisationen einer Nation einzugreifen, würde die Gefahr
politischer Verwirrungen unmittelbar hervorrufen, vor allem im Ver-
hältnis zu solchen Nationen, deren Volkswirtschaft besonderer organi-
satorischer Maßnahmen bedarf, um großen öffentlichen Verpflichtungen
gegenüber anderen Nationen nachzukommen. Diese Gefahr besteht
nicht bei freiwilliger schiedsgerichtlicher Erledigung von wechselsei-
tigen Beschwerden über monopolistische Maßnahmen privater Orga-
nisationen. Es wäre von großem Vorteil, wenn alle Nationen sich ent.
schließen könnten, von Fall zu Fall Schiedsgerichte von hohem inter-
nationalem. Ansehen in Anspruch zu nehmen, deren Mitglieder auf
Grund ihrer ökonomischen Kenntnisse zu wirklich objektiven Urteilen
befähigt sind. Die Konferenz hat sich diesem Standpunkte angeschlos-
sen. Nach Fesstellung dessen, daß die Einrichtung einer internatio-
nalen Kartellgesetzgebung und Rechtsprechung angesichts der Ver-
schiedenheiten der Maßnahmen, die die einzelnen Länder den Kartellen
gegenüber glauben ergreifen zu müssen, unmöglich wäre, erklärt
die Konferenz für wünschenswert, daß die Mitglieder der Kartelle all-
gemein dazu kämen, sich freiwillig Schiedsgerichten zu unterwerfen,
die für eine hohe wirtschaftliche Kompetenz und eine Einstellung im
Interesse der Allgemeinheit Gewähr bieten.
Die Stellungnahme der einzelnen Nationen zu dem System der inter-
nationalen Kartellierung war eine sehr verschiedene. Während die
Franzosen für diese Bestrebungen der Großindustrie viel Sympathie be-
kundeten, haben sich die nordischen Staaten eher als Gegner der Kar-
(elle erwiesen. Die Randstaaten befürchteten von ihnen eine Verteue-
der Rohstoffe und besonders der Düngemittel. Die Deutschen haben
für die Kartelle Stellung genommen; von österreichischer Seite wurden
sie als Korrektur der Handelspolitik bezeichnet, die die internationale Ar-
beitsteilung, die durch die Zollgesetzgebung verhindert wird, wieder er
möglichen. Im ganzen kann gesagt werden, daß sich die Weltwirt-
schaftskonferenz mit der Bewegung zur internationalen Kartellierung
abgefunden hat. In dieser Hinsicht hat auch die russische Delegation
keine Ausnahme gebildet, indem sie erklärte, daß die Sowjetregierung
die russischen Industrien an der Beteiligung an internationalen Kar
tellen nicht hinderte, und die Teilnahme in gewissen Fällen (Hanf-,
Naphtha-, Platin-, Zündholzkartell) bereits erfolgt ist. Über diese Aner-
kennung der tatsächlichen Lage hinaus hat sich die Konferenz mehr
mit der negativen Seite des Problems befaßt und die Schwierigkeiten
und die Gefahren dieser Organisationen wahrgenommen. In der laupt-
frage ist die Konferenz die Antwort schuldig geblieben: wodurch die
Kartelle der wirtschaftlichen Vernunit dienen und auf welche Weise
sie zu Regulatoren der internationalen Arbeitsteilung werden könnten?