Die Problematik der Landwirtschaft. 93
setzgebungen abhängig sind. Sie ergänzen die erwähnten technischen
Reformen: 6) durch Sozialgesetze, die die Wohlfahrt und Sicherheit
der Arbeitenden sicherstellen sollen; 7) durch das ländliche Schul-
wesen aller Stufen und die landwirtschaftliche Berufsausbildung;
8) durch Beseitigung aller, dem freien Austausch und dem Handel mit
Agrarprodukten entgegenstehenden Hindernissen.
Nicht allen Maßnahmen kommt die gleiche Bedeutung zu, und nicht
alle wurden von der Konferenz gleichmäßig behandelt. Die Agrarkom-
mission der Konferenz hat in richtiger Einschätzung der Tragweite der
Probleme das Material an drei Unterkommissionen verteilt, von denen
die erste allgemeine Probleme, die zweite die Fragen der landwirt.
schaftlichen Genossenschaften, die dritte den landwirtschaftlichen
Kredit zu behandeln hatte.
B. Die landwirtschaftlichen Genossenschaften und der
Agrarkredit.
Als wichtigsten Hebel zur Hebung der Rentabilität der Landwirtschaft
hat die Konferenz den genossenschaftlichen Zusammen-
schluß empfohlen. Alle Formen des genossenschaftlichen Zusammen-
schlusses können der Landwirtschaft neue Möglichkeiten erschließen:
die Einkaufsgenossenschaften für die Beschaffung dessen, was die
Landwirte zu beruflichen oder häuslichen Zwecken benötigen, die Ver-
kaufsgenossenschaften für den geregelten Absatz ihrer Erzeugnisse,
Genossenschaften der Zubereitung und Verarbeitung für die Verfahren,
die sich zwischen Erzeugung und Verkauf abspielen, Kreditgenossen-
schaften zur Deckung ihrer Kapitalbedürfnisse. Diesen althergebrachten
Genossenschaftstypen schließen sich in den Beschlüssen der Konferenz
als neue genossenschaftliche Organisationsprobleme die Rationalisie-
rung und Standardisierung der Landwirtschaft an. Zur Rationalisie-
rung der Wirtschaft werden die landwirtschaftlichen Genossenschaften
in dem Maße beitragen, in dem sie ihre Beziehungen zu den Verbrau-
chergenossenschaften. vervielfachen. Unmittelbare Handelsbeziehungen
zwischen Erzeugern und Verbrauchern, zwischen Produktiv- und Kon-
sumgenossenschaften schalten unnütze Zwischenträger aus und führen
bei genügender Ausdehnung zu vorteilhaften Preisen für beide Teile.
Als Träger der Standardisierung werden die landwirtschaftlichen Ge-
nossenschaften die Umstellung in der Betriebsweise herbeizuführen
haben, um die gemeinschaftliche Produktion vereinfachter und quali
tatiyr sowie quantitativ gesteigerter Arten und Sorten zu erzielen. Wäh-
rend sich in Amerika ein gewisser Fordismus in landwirtschaftlichen
Erzeugnissen (Obst- und Getreidebau) herausgearbeitet hat, schreit die
europäische Landwirtschaft nach Vereinfachung und Vereinheitlichung
der Produktion. Rationalisierung und Standardisierung auf genossen.
schaftlicher Grundlage sollen diesen Bestrebungen gerecht werden.
Die genossenschaftliche Organisation hätte in dem neuen Aufgaben-
kreise auch eine ideelle Zusammenfassung der durch die verschiedenen