Der Ideengehalt der Weltwirtschaftskonferenz.
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4. Abschnitt.
Der Ideengehalt der Weltwirtschaftskonferenz,
Der Ideengehalt der Weltwirtschaftskonferenz hat eine sehr verschie-
dene Beurteilung gefunden. Auf der einen Seite hat man die Konferenz
eines „Tatsachenfanatismus sondergleichen‘“ geziehen, der zwar viel
wertvolles Material zutage förderte, dem aber das „geistige Band“
fehle; auf der anderen Seite hat man sie mit den großen ökumenischen
Konzilien des XIV. Jahrhunderts verglichen, die den Kampf der Dogmen
verbildlichen.. Die erste Ansicht bestreitet, daß das Wirtschaftsleben
nach dem Muster des Naturlebens rein empirisch ohne leitende Ideen
zu erforschen und zu regeln wäre, und sieht in der Konferenz eine Art
Weltwirtschaftsenquete großen Stils, während die andere Meinung die
positiven Ergebnisse der Konferenz unterschätzt und ihren Wert eher
in der ideellen Beeinflussung der öffentlichen Meinung erblickt. Diese
Gegensätzlichkeit der Anschauungen beruht auf der Verkennung der
doppelten Natur wirtschaftspolitischer Ideen, die einerseits in den gei-
stigen und politischen Strömungen der Zeit verankert sind, anderseits
ihre Stoßkraft aus der empirischen Begründung durch Tatsachen schöp-
fen. Der Gegensatz von Ideal und Wirklichkeit hat auf wirtschaftspoli-
tischem Gebiete keine Geltung, nur die enge Verflechtung beider kann
die Tendenzen der Zeit bestimmen und verwirklichen,
Dieser Erkenntnis hat die Konferenz Rechnung getragen, und wenn
auch die Leitgedanken ihrer führenden Mitglieder in den Beschlüssen
nicht immer voll ausreifen konnten, so erscheint diese Unvollkommen-
heit damit kompensiert, daß auf die unmittelbare Durchführbarkeit der
Beschlüsse Bedacht genommen wurde.
Von den Tendenzen, die das Verhalten der Regierungen und Staaten
beeinflussen sollen, stellt die Konferenz, entsprechend den Bestrebun-
gen des Völkerbundes, die allgemeine Friedensidee an erste Stelle.
Der Krieg ist der Feind aller Wirtschaft, der Frieden die größte Siche-
rung des Wohlstandes. Im Interesse des Wirtschaftsfriedens aber muß
die Menschheit die Idee der weltwirtschaftlichen Solidari-
tät im Verstande bejahen. Die Anerkennung der internationalen In-
teressensolidarität käme in der freiheitlichen Gestaltung des
internationalen Handels am deutlichsten zum Ausdruck. An
diese altbewährten, in der jüngsten Zeit jedoch in Vergessenheit gera-
tenen Erfahrungen reiht sich eine Idee neueren Ursprungs an, die in
der rationellen Wirtschaftsführung ein gewaltiges Mittel zur
Förderung des wirtschaftlichen Genesungsprozesses erblickt. Versuchen
wir diese leitenden Ideen aus den Beschlüssen der Konferenz heraus-
zuschälen.,
Hantos. Dia Waltwirtschaftakonfaranez.