Full text: Wege zur Rationalisierung

Rationalisierung des Bauwesens 
VON STADTRAT ERNST MAY (FRANKFURT AM MAIN) 
FRANKFURTER ZEITUNG 
1, MORGENBLATT VOM 14, APRIL 1926 
Die Rationalisierung ist so alt wie das Menschengeschlecht, 
Die Entwicklung menschlicher Behausung von der Höhlen- 
wohnung, der Erdhütte bis zum modernen Bürgerhaus stellt eine 
fortschreitende Rationalisierung dar. Vollzog sich diese Ent- 
wicklung früher auf dem Gebiete des Bauwesens, ohne .daß 
davon besonderes Aufheben gemacht wurde, so setzte nach 
Beendigung des Weltkrieges bei uns wie anderswo, angeregt 
durch die Erfahrungen, die auf dem Gebiete der Rationalisierung 
auf den verschiedensten Wirtschaftsgebieten im Kriege, er- 
zwungen durch die Knappheit der Rohmaterialien, gemacht 
worden waren, eine systematische Bewegung mit dem Ziele der 
Intensivierung des Bauwesens ein. 
Die Rationalisierung ist von größter Bedeutung dort, wo es 
sich um Erzeugung von Massenartikeln handelt, denn dort 
rentieren sich am sichersten die erheblichen Ausgaben, die die 
Durcharbeitung eines Systems rationeller Erzeugung verursacht 
(Kleider, Schuhwerk, Uhren, Nähmaschinen, Autos usw.). Zweifel- 
los gibt es im Bauwesen zahlreiche Gattungen von Gebäuden, 
die als Massenerzeugnisse nicht anzusprechen sind, weil sie 
entweder für Sonderzwecke errichtet werden, die verhältnis- 
mäßig selten vorliegen, oder weil fortgesetzte Umwälzungen 
des Programms einer Rationalisierung hindernd im Wege stehen. 
Trotzdem hat die Rationalisierung des Bauwesens im letzten 
Jahrzehnt erhebliche Fortschritte gemacht. Die immer wieder- 
kehrende gleichartige Problemstellung beim Bau von Hoch- 
häusern hat zum Beispiel bei uns, besonders aber in Amerika 
zu einer außerordentlich rationell durchgearbeiteten Stahl- 
fachwerkbauweise geführt. Auch auf dem Gebiete des 
Betonbaues sind die ersten primitiven Methoden durch 
rationelle Systeme der Erzeugung ersetzt worden, An Stelle der 
Handmischung der Betonmasse trat die Maschinenmischung, an 
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