Internationale
Normung und Rationalisierung
VON DR.-ING. OTTO KIENZLE (BERLIN-SÜDENDE]
FRANKFURTER ZEITUNG
I. MORGENBLATT VOM 26. SEPTEMBER 1926
Im gleichen Maße, in dem die wirtschaftsschädigenden Er-
scheinungen der Nachkriegsperiode zurückzutreten beginnen,
entwickelt sich auch die Verflechtung der Wirtschaftsbe-
ziehungen zwischen den Nationen. Zwölf Jahre sind verflossen,
seitdem der Ausbruch des Weltkrieges die Fäden zerriß, und
wenn sie sich nun wieder spinnen, so geschieht dies unter völlig
veränderten Verhältnissen, Die Welt um uns ist nicht stehen
geblieben, der Krieg und die Not der Nachjahre, angefüllt von
den Fortschritten der Fabrikationstechnik, waren es, die die
Bedeutung technisch gleichlaufender Maßnahmen für das inter-
nationale Wirtschaftsleben immer stärker in den Vordergrund
treten ließen. Am glücklichsten konnte sich in dieser Beziehung
das kriegsferne Amerika entwickeln.
Rationalisierung in Erzeugung, Handel und Verbrauch ist
in der ganzen Welt ein Schlagwort, an vielen Stellen schon
eine Tatsache geworden. Glücklicherweise ist in den Rationa-
lisierungsbestrebungen nicht nur ein Wettlauf zwischen einzelnen
Unternehmungen oder gleichen Industrien der verschiedenen
Länder, sondern auch ein gewisses Maß von Zusammenarbeit
festzustellen, Dieser Wettstreit bezieht sich naturgemäß zunächst
weniger auf den Austausch von Erfahrungen im Fabrikations-
prozeß als vielmehr auf die einheitliche Festlegung technischer
Maßnahmen, an denen alle Beteiligten gleichmäßig interessiert
sind, Dies hat sich nun so weit entwickelt, daß in der im Aprild, J,
in New York stattgehabten Internationalen Normen-
Konferenz beschlossen wurde, eine Organisation zur Zu-
sammenfassung derNormungsbestrebungen zu
schaffen.
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