Full text: Die Industrialisierung der deutschen Landwirtschaft, eine neue Phase kapitalistischer Monopolherrschaft

wie sie im Betrieb von den reformistischen Gewerkschaftsführern 
aus eng zünftlerischer Einstellung heraus kultiviert werden, in der 
jetzigen Zeit eine Hauptaufgabe. 
Die skizzierte Entwicklung macht auch jeden kleinbürgerlich- 
reformistischen Versuch eines „Bauernschutzes” im Rahmen der 
kapitalistischen Rationalisierung und Industrialisierung der Land- 
wirtschaft von vornherein aussichtslos. Der isolierte, individualistische 
bäuerliche „Familienbetrieb‘”, wie ihn der junge Kapitalismus, sei es 
als Pacht-, sei es als Eigenbetrieb, ins Leben rief, ist unrettbar dem 
Untergang geweiht. Alle Theorien Davids und der demokratischen 
Bodenreformer können die langsame Auflösung dieser überholten 
Wirtschaftsweise nicht aus der Welt disputieren. Recht haben sie 
nur insofern, als diese Auflösung nicht in genau denselben Formen 
wie in der Industrie, und vor allem weder in demselben Tempo, noch 
mit derselben Gleichmäßigkeit in den verschiedenen geographischen 
Gebieten vor sich geht, Die kapitalistische Rationalisierung der 
Landwirtschaft kann sich in den Gebirgsgegenden Mittel- und Süd- 
deutschlands nicht so durchsetzen wie in den breiten Ebenen und 
fruchtbaren Talniederungen. In industrienahen Gebieten verwandeln 
sich viele bäuerliche Familienbetriebe durch die besondere Gunst 
der Absatzverhältnisse und Bodenpreise in hochintensive kapita- 
listische Kleinbetriebe. Vor allem wird die Masse der Kleinbetriebe 
nicht einfach vom Großbetrieb aufgesogen oder stillgelegt; ihre 
Enteignung geht indirekt und auf Umwegen vor sich, wie das bereits 
Friedrich Engels und Karl Marx vor mehr als zwei Menschenaltern 
im Prinzip nachgewiesen haben, 
Diese Erkenntnis ist für die KPD, deshalb von ungeheurer Be- 
deutung, weil sie eine scharfe Abgrenzung der kommunistischen 
Bauernpolitik von der opportunistischen Gelegenheitspolitik der 
verschiedensten oppositionellen Klein- und Mittelbauernverbände, 
und vor allem von der sozialdemokratischen Bauernpolitik notwendig 
macht. Die sozialdemokratische Bauernpolitik befindet sich in einem 
unlösbaren, nichtdialektischen Widerspruch, Sie ist aus „staats- 
Politischen‘ Gründen für die kapitalistische Rationalisierung, und 
aus wahldemagogischen Gründen für den Schutz der. bäuerlichen 
Kleinbetriebe. Sie macht im Prinzip also dasselbe, was jede kapita- 
listische Partei heute macht: Reale Geschenke an die Großagrarier 
und Scheinkonzessionen an die werktätigen Bauern, Sie unter- 
scheidet sich von den Deutschnationalen nur dadurch, daß sie die 
Geschenke an das Agrarkapital mit demokratischen Attrappen 
versieht, womit auch das Zentrum und die Demokraten einverstanden 
sind (Ueberwachungsausschuß, verstärkter staatskapitalistischer Ein- 
Schlag). Den Bauern muß sie infolgedessen vorflunkern, daß diese 
Staatskapitalistische Rationalisierung — eine demokratische Regie- 
rung vorausgesetzt — ihre Situation verbessern werde, In Wirklich- 
keit lehnt die SPD. zusammen mit allen bürgerlichen Parteien mit der 
Begründung, gerade die Bauernwirtschaft habe die Agrarkrise „sieg- 
reich‘ überstanden‘ (Prof. Sering!), jede Forderung ab, die die staat- 
lichen Mittel für den einzig möglichen .„Bauernschutz‘ verwenden
	        
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