vier Personen und einen unparteiischen Vorsitzenden, im ganzen also auf neun Personen
vergrößerte, hatte seine Arbeiten Ende Dezember noch nicht abgeschlossen. Es stand daher
bei dem Jahreswechsel noch in keiner Weise fest, in welchem Umfange von den einzelnen
reparationsberechtigten Ländern Bestellungen auf Sachlieferungen nach Deutschland gelegt
werden würden. Die sich hieraus ergebenden Schwierigkeiten wurden noch dadurch vers
mehrt, daß endgültige Angaben über die Beteiligungsziffern der einzelnen Verbandsstaaten
an der für das erste Jahr insgesamt zur Verfügung stehenden Summe von einer Milliarde Mark
noch nicht vorlagen, wenn auch im großen und ganzen die durch das Abkommen von Spaa vers
einbarten Quoten (Frankreich 52 v.H., England 22 v.H., Italien 10 v.H., Belgien 8 v.H.,
Jugoslavien 5 v. H., Japan und Portugal je 3% v. H., Rumänien, Griechenland, Tschechoslo-
wakei, Brasilien, Cuba, Siam und Liberia zusammen 1% v. H.) beibehalten werden dürften.
Selbst das Lieferprogramm für die sogenannten Pflichtlieferungen (Kohle, Koks, Farbstoffe
und chemisch-pharmazeutische Präparate) konnte endgültig nicht aufgestellt werden, be,
sonders auch deshalb nicht, weil die Höhe der vorweg aus der verfügbaren Milliarde an
die einzelnen Verbandsstaaten zu leistenden Zahlungen umstritten blieb. Der Agent für
Reparationszahlungen war auf Schätzungen angewiesen. Mit einiger Sicherheit waren nur
die Kosten für den Dienst der 800-Millionen-Anleihe und für die Gesamtkosten der Repa-
rationskommission und ihrer Organe einzustellen. Die Höhe der Besatzungskosten und
die Höhe der vorweg nach der englischen Recovery Act zu zahlenden Beträge blieb uns
gewiß, und es kam hinzu, daß auch Frankreich mit Wirkung vom 1. Oktober 1924 die Ers
hebung einer 26prozentigen Reparationsabgabe beschloß.
Dem Organisationskomitee war die besondere Aufgabe gestellt, den Produks
tionsmöglichkeiten Deutschlands, der Lage seiner Rohstoffversorgung und der not»
wendigen Aufrechterhaltung seines sozialen und wirtschaftlichen Lebens, immer
unter Berücksichtigung der Stabilität der deutschen Währung, bei der Aufstellung
des Lieferprogramms Rechnung zu tragen, insbesondere aber auch den im Sachverständi-
digenbericht festgesetzten Begrenzungen des Lieferprogramms gerecht zu werden, was
dahin auszulegen ist, daß die Lieferungen tatsächlich nur aus den Überschüssen der Produk-
tion über den Verbrauch erfolgen und sich im allgemeinen möglichst auf die aus deutschen
Rohstoffen ohne wesentliche Einfuhr ausländischer Rohstoffe hergestellten Erzeugnisse be=
schränken sollen. Außerdem sollte das Organisationskomitee Mittel und Wege angeben,
um die Wiederausfuhr der von Deutschland geleisteten Lieferungen zu verhindern, falls
nicht das Transferkomitee, das in diesem Falle einstimmig beschließen müßte, sich mit der
deutschen Regierung anderweitig verständigte.
Der Mangel fester Lieferprogramme wirkte sich auf die Pflichtlieferungen in uner:
wünschter Weise aus. Der starke Rückgang in den Kohlen: und Koksanforderungen von
seiten Frankreichs und Belgiens bedeutete zunächst für die deutschen Ruhrzechen eine
unerwünschte Absatzstockung. Die chemische Industrie andererseits bemängelte es, daß die
Verpflichtung zur Lieferung der in 8 5 der Anlage6 zu Teil8 des Friedensvertrages angegebenen
Produkte (das sind Farbstoffe und die synthetischen chemisch-pharmazeutischen Erzeug-
nisse sowie alle Zwischenerzeugnisse, die in den entsprechenden Industrien hergestellt wer:
den, mit Ausnahme der als Spezialitäten durch einen einzelnen Konzern hergestellten phar-
mazeutischen Produkte) entgegen den Bestimmungen des $ 2 dieser Anlage bis zum 15, August
1928 verlängert worden ist. Beträchtliche Unruhe bestand wegen der befürchteten Vers
pflichtung zur Lieferung gewisser Rohstoffe, die für einzelne deutsche Industrien unentbehr:
lich sind, beispielsweise der feuerfesten Erden, die für die Erzeugung feuerfester Produkte in
Frage kommen und an denen die französische Wirtschaft ein lebhaftes Interesse bekundete.
Andererseits hofften zahlreiche deutsche Firmen in den Sachlieferungen einen gewissen Er-
satz für mangelnde Inlandsaufträge zu finden, Daneben war die Auffassung verbreitet, daß die
infolge der vorerwähnten Verordnungen notleidend gewordenen Aufträge nunmehr aus den