Full text: Grundlagen der Wirtschafts- und Handelspolitik

hendem Maße, auf die Willfährigkeit gefü- 
giger Vorsitzender neutraler Nationalität 
vechnen zu können glaubten. Die ersten 
Urteile dieser Gerichte haben Erstaunen er- 
regt durch die Brutalität der Rechtsvergewal- 
tigung und durch die Naivität, mit der man 
damals über auch nur den Schein des Rechts 
hinwegzugehen sich erlauben konnte. Das 
Echo war nichtsdestoweniger in der Welt 
ein schwaches, Auch die Einstellung selbst 
in Deutschland war zuerst schief. Die deut: 
schen Juristen haben geglaubt, mit den Mit- 
:eln deutscher Rechtswissenschaft und deut: 
scher Rechtsanwendung dem Friedensver- 
‘rag und dem Urteil dieser Gerichte zu 
Leibe gehen zu können. Das war unrichtig, 
denn dieser Friedensvertrag wird von eng- 
lisch-französischen Rechtsgedanken getragen. 
Deshalb konnten die Urteile durch Kritiken, 
die sich deutscher Rechtsauffassung an- 
schlossen, nicht aus dem Sattel gehoben wer- 
den. Da war es vor allem und als einer der 
ersten Partsch, der die Schwäche dieser Art 
der Verteidigung einsah und auf Grund 
seines universellen Wissens auf dem Gebiete 
des ausländischen, vor allem des französi: 
schen und englischen Rechts, die Verteidi- 
gung zum Angriff machte. Er folgte dem 
Gegner auf sein ureigenstes Gebiet und 
zeigte, daß der deutsche Gelehrte auf dem 
Gebiete des englischen und französischen 
Rechts besser Bescheid wußte als diejenigen, 
die es von Hause aus zu kennen und anzu: 
wenden berufen waren. Seine Angriffe, die 
ın die Sprachen unserer Gegner übersetzt 
wurden, in Aufsätzen, in Büchern, in Schrif: 
ten haben nicht nur durch die Schärfe seiner 
Beweisführung, durch die Eleganz seines Flo- 
tettfechtens, sondern vor allem auch durch das 
starke Betonen des Gerechtigkeitsmoments 
Aufsehen erregt. Er stand in diesem Kampfe 
nicht allein. Es scharten sich um ihn andere 
deutsche Gelehrte und Rechtskenner, und 
man konnte hoffen, daß diesem konzentri: 
schen Angriff ein gewisser Erfolg nicht ver- 
3agt bleiben würde. Immerhin wäre er nur 
ein lückenhafter gewesen, wenn man in 
dieser, ich möchte sagen, zufälligen Art die 
Angriffe gerichtet hätte. Da war es Partsch, 
der diese Verteidigung organisiert hat. Er, 
der damals in Bonn als Professor tätig war, 
stellte sich dem Reich zur Verfügung und 
hatte lange Zeit, ich glaube, über ein Jahr, 
anter Aufgabe seiner Häuslichkeit und unter 
den unglaublichsten Anstrengungen, die es 
hm kostete, mehrere Berufe gleichzeitig an 
verschiedenen Orten zu erfüllen, hier im 
Auswärtigen Amt die wissenschaftliche Be: 
’atung unserer Behörden, insbesondere un: 
;jerer Staatsvertreter an den verschiedenen 
jemischten Schiedsgerichten organisiert und 
durchgeführt. Was hier an Arbeit geleistet 
worden ist, das läßt sich mit wenigen Worten 
ıicht sagen. Aber man kann hier wirklich 
jagen, daß es eine Arbeit war, die den Er- 
°olg in vollstem Maße erreicht hat. Er hat 
ıer die Stelle so organisiert, daß alles Ma- 
'‚erial aus allen gemischten Schiedsgerichten 
‚usammenfloß, daß jede Bemerkung, die ir: 
jendwo fiel, an der anderen Stelle benutzt 
wurde. Er hat ein Schiedsgericht, einen Se- 
ıat gegen den anderen ausgespielt. Er hat 
vor allem die Literatur in einer Weise gez 
zammelt und benutzt, daß tatsächlich sich 
lie Gerichte, die zuerst mit einer gewissen 
Vaivität darauf losgepoltert hatten, immer 
nehr in die Enge getrieben sahen. Was das 
wichtigste war: seine Darstellungen, seine 
Sritiken haben ein Echo in der gesamten 
Welt gefunden. 
Aber er blieb auch dabei nicht. Es ge- 
ıügte seinem außerordentlich lebhaften: 
Temperament nicht, hier in Berlin zu sitzen! 
ınd gewissermaßen die Fäden hinter den Ku- 
issen zu ziehen. Er trat selbst in die fran 
‚ösische Arena herunter und hat als Vertre 
er des Deutschen Reiches in einer Reihe 
von wichtigen Sachen vor internationalen 
Gerichten, in denen es sich um Summen han- 
lelte, die selbst in der Zeit, in der wir ja 
eider mit Milliarden Goldmark zu rechnen 
1aben, zu den größten Objekten gehören, an 
lenen das Deutsche Reich je beteiligt war, 
nit großer Hingebung in wochenlangen Ver- 
ıandlungen und — das darf man sagen — 
nit großem Erfolge mitgewirkt. Ich erinnere 
vor allem an seine monatelangen Bemühun- 
jen und Verhandlungen in Paris wegen des 
Artikels 260, bei dem es sich darum handelt, 
laß unsere Gegner in einem ganz außer: 
ırdentlich weitem Maße die deutsche Be- 
'‚eiligung und die deutsche Konzessionen im 
ıicht feindlichen Auslande noch nachträg- 
ich enteignen wollten. Hier hat er, wenn 
ıuch nicht in vollem Maße, die Ansprüche 
ler Gegenseite zurückschlagen können. 
Alles dies natürlich auch auf Kosten 
;einer Gesundheit. Er hat damit nach 
neiner Ansicht nicht nur einen sehr großen 
nateriellen Erfolg für das Deutsche Reich 
;rrungen, sondern, was ich persönlich noch 
ziel höher einschätze, es ist, soweit ich es 
jehe, eigentlich der einzige restlos große 
noralische Erfolg, den wir im Anschluß an 
len Friedensvertrag erreichen konnten, näm- 
ich der moralische Erfolg, daß infolge dieser
	        
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